: DER GANG NACH BOLDERAJA
Boiko: Im Prinzip ist es ein Ritual, aber es hat keine ritualtypischen, einschränkenden Regeln. Der Zeitablauf, etwa der Sonnenaufgang oder der Zug, der vorbeifährt, bedeutet genauso viel wie ein Fotoapparat, den ich in der Tasche dabei habe, oder wie der Tee in der Thermosflasche. Der mystische Augenblick dabei, wenn man so sagen kann, besteht in der Abstraktion alltäglicher Abläufe.
Gillen: Also das Moment der Wiederholung, einmal im Jahr, zu einem bestimmten Tag ...
Boiko: ... zu verschiedenen Zeiten, auch mehrmals im Jahr... Wichtig ist ja auch, daß bei jedem Gang Spuren hinterlassen werden, z.B. wird ein Ei vergraben, das dann beim nächsten Gang wieder ausgegraben wird. Aber die Spuren sind unmerkliche Spuren. Man entdeckt sie nicht, man weiß nur davon. Indulis, Du hast das ja selbst erlebt.
Indulis Bilzens: Es fällt wirklich schwer, etwas Vergrabenes wiederzufinden.
Jedenfalls empfand ich die Einladung zum siebten Gang nach Bolderaja im Mai 1987 als eine ganz selbstverständliche und vertraute Situation, man geht spontan hin und macht, was zu machen ist.
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