Wider das real existierende Reiseverbot

■ DDR-Umweltschutzorganisation „Arche“ fordert in einem Offenen Brief an die in Wien tagende KSZE-Nachfolgekonferenz Reisefreiheit für DDR-Bürger / Ein Bürgerrecht, das kritischen DDR-Bürgern vorenthalten wird / Öffnung der DDR heißt auch vielfältige Kontakte ins Ausland

Mitglieder der unabhängigen DDR-Umweltschutzorganisation „Arche“ haben ein freizügiges Reisegesetz in der DDR gefordert. In einem gestern in Ost-Berlin bekanntgewordenen Offenen Brief an die in Wien tagende KSZE-Nachfolgekonferenz setzen sich die Umweltschützer „im Zuge des neuen ökologischen Denkens und der sich abzeichnenden Öffnung des sozialistischen Lagers“ für die „Reisefreiheit als DDR -Bürgerrecht“ ein. In dem Offenen Brief weisen die Ost -Berliner Umweltschützer erstmals weltweit auf die bestehende DDR-Arrestierung hin, von der viele Mitglieder der dortigen Friedens-, Menschenrechts- und Ökogruppen betroffen sind. Das bedeutet, sie dürfen die DDR nicht verlassen. Selbst Reisen in die sozialistischen Länder, heißt es in dem Papier, seien nicht möglich. Solche Reiseverbote hätten in diesem Jahr u.a. die Teilnahme von „Arche„-Mitgliedern an Veranstaltungen in Ungarn, Polen, der UDSSR und der CSSR ver- und behindert, die das osteuropäische Greenpeace-Pendant „Greenway“ veranstaltet hatte.

Die „Arche“, unter den DDR-Umweltgruppen nicht unumstritten, wurde erst im Januar dieses Jahres gegründet, um die Umweltschutzaktivitäten von DDR-Gruppen sowohl DDR -weit wie international stärker zu vernetzen und eine bessere Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Die drei Unterzeichner, Andreas Passarge, Carlo Jordan und Mario Hamel, fordern die KSZE-Vertreter auf, den Prozeß der „Öffnung der DDR im Interesse von vielfältigen Kontakten zur Lösung von Umweltproblemen“ zu unterstützen. Ein solcher Prozeß entspreche schließlich der „Idee eines einheitlichen Europas des Friedens und der Zusammenarbeit und des gemeinsamen europäischen Hauses in höchstem Maße“. Reiseverbote würden dagegen eine „völlig dunkle, unsere menschliche Würde verletzende Situation“ schaffen. „Wir wissen einfach nicht, womit diese Entscheidung, die uns zu real existierendem Eigentum, zu Staatssklaven macht, begründet ist“, beklagen sich die Unterzeichner. Reiseverbote seien auf dem Wege der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht einklagbar, so bleibe nur der „Bittstellerweg“, indem man Eingabe über Eingabe schreibe.

In der Anlage des Offenen Briefes führen die Unterzeichner 13 Namen von DDR-Bürgern „als einen Bruchteil der Betroffenen“ an, die DDR-arrestiert seien.

ap/taz