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Abschreckungs-Essen

■ 100 Bremerhavener Flüchtlinge boykottieren weiter / 16 Asylanträge zurückgezogen

Auch gestern stand keines der angelieferten Plastik –Fertigessen auf dem Tisch der knapp 100 AsylbewerberInnen in der Bremerhavener Stormschule. Der Boykott des mageren Großküchen-“Menus“ der Bremer Firma Menke, mit dem die Flüchtlinge seit Dienstag statt der zuvor bar ausgezahlten Sozialhilfe abgespeist werden sollen, geht weiter (vgl. taz von gestern). Der Großmarkt spendete gestern zur Selbstversorgung der Roma aus dem südjugoslawischen Bitola Obst und Gemüse.

Unterdessen haben aus anderen der insgesamt sechs Bremerhavener „Sammellager“ bereits 16 Familien aufgegeben und ihren Asyl-Antrag zurückgezogen. 21 Gutscheine für Bahnfahrkarten zur Heimfahrt nach Bitola hat das Sozialamt gestern ausgestellt, Anträge auf 46 weitere Heimfahrten werden heute erwartet.

„Ich würde das auch selber essen“, zeigte gestern der für Soziales zuständige Bremerhavener Stadtrat Günter Lemke kein Verständnis für den Boykott in der Stormschule. Immerhin sei das unter Plastikfolie eingeschweißte Essen „nichts anderes, als das, was ein normaler Arbeitnehmer als Kantinenessen bekommt – das ist auch für Jugoslawen zumutbar“, findet Lemke.

Die drei per ABM beschäftigten Sozialarbeiter, die in der Stormschule für die Betreuung der Flüchtlinge arbeiten, sollten gestern strafversetzt werden, weil sie öffentlich zur Unterstützung des Boykotts aufgerufen hatten. Doch während ihr direkter Vorgesetzter, Angelo di Benedetto, ihnen die Strafmaßnahme am Mittag mitteilte, hatte Sozialamtsleiter Günther Jarchow am Nachmittag davon noch nichts gehört. Und Stadtrat Lemke konnte sich gestern abend eine solche Maßnahme „gar nicht vorstellen“. Die ABM –Sozialarbeiter wollen angesichts dieser widersprüchlichen Aussagen bis auf weiteres an ihrem Arbeitsplatz in der Stormschule bleiben.

Die ebenfalls am Dienstag eingeführte Praxis, für die Versorgung von Kleinkindern nur noch Einkaufsgutscheine auszugeben, wurde gestern wieder zurückgenommen. DM 23,15 pro Baby und Woche werden an die Flüchtlinge nun wieder bar ausgezahlt. Zudem versprach das Sozialamt, heute mehrere Kühlschränke in der Stormschule aufzustellen, um das Plastik –Frühstück, das mit dem Mittag-und Abendessen bereits um 12 Uhr des Vortags geliefert wird, über nacht frisch zu halten.

Doch inzwischen stapelt sich im kleinen Büro der Stormschule das boykottierte Fertig-Essen der vergangenen drei Tage bis unter die Decke. Zum Glück ist es in Plastik eingeschweißt.

Ase

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