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Hör-Funken: Organe der Stadt / Organe der 20er Jahre / Rare Organe / Starkes Organ

Organe der Stadt. Franz Hessel tat in den 20er Jahren vieles, was sonst wenige taten: er setzte sich in eine Berliner Stadtrundfahrt und richtete die Augen auf das, woran der Stadtführerfinger vorbeiwies, sah auf Interieurs und achtete auf Brauereiqualitäten, die Hedwigskirche, das Zentrum berlinischer Sündhaftigkeit, die Friedrichstraße, und sang mit Straßenjungs vor dem wasserspeienden Löwen am Dönhoffplatz. Vor allem versuchte er, inmitten der Betriebsamkeit zu flanieren und mußte feststellen, für einen Taschendieb oder windigen Verführer „der hurtigen, straffen Großstadtmädchen mit den unersättlich offenen Mündern“ gehalten zu werden, weil seinem „Zeitlupenblick des harmlosen Zuschauers“ anzumerken war, daß bei ihm „nichts 'dahinter‘ steckt“. Schon damals brauchte alles Tun Lizenz, Auftrag, Funktion oder Amt, und noch der windige Verführer konnte seines Tuns sicher sein, hatte er nur genügend Charaktermaske angelegt und in der Tasche die behördlich gestempelte Identitätsbescheinigung. Hessels Fazit: „Hierzulande muß man müssen, sonst darf man nicht. Hier geht man nicht wo, sondern wohin. Es ist nicht leicht für unsereinen.“ Eine Stunde lang „Spazieren in Berlin“: 15.50 bis 16 Uhr, Stimme der DDR.

Organe de 20er Jahre. Eine Springflut von Titeln und Namen schießt aus der Romanbibliothek der 20er Jahre hervor: Dos Passos, Döblin, Svevo, Dreiser, Bennett, Ford und Forster, Bernanos, Giroudoux und Giono, Virginia Woolf, Faulkner, Pirandello und Efraim Frisch, Joseph Roth, Pessoa und Robert Musil. Das Chaos läßt sich auf keinen gemeinsamen Nenner bringen, doch findet Rolf Vollmann, der in vier Folgen „die wunderbaren Falschmünzer“ dieses Jahrzehnts sichtet, seine Romane hätten ein unverkennbares Aroma, das sie auf Anhieb von fast allen Romanen vergangener oder späterer Jahrzehnte unterscheidet. Nahezubringen sei dieses Aroma aber nur mit dem guten Vorsatz eines dogmenlosen, theoriefreien und rhapsodieschen Vorgehens, dem er sich zwischen 18.02 und 19.00 Uhr auf SWF 2 überläßt.

Rare Organe. Ein gutes Herz nicht minder als Nieren, Leber und Milz ist selten, und weil die Organverpflanzertätigkeit unter sochem Mangel schwer leidet, ist's nur ein Schritt dahin, einen schwarzen Organmarkt aufzuziehen. Zwei Ganoven setzen dazu an, der eine hat einen Plan, der andere soll ihn ausführen, doch einer von beiden ist schuld, daß er danebengeht. Ein zu gutes Herz? Das Kriminalhörspiel von 23.00 bis 23.58 Uhr im Deutschlandfunk.

Starkes Organ. „Jeder liebt meinen Ton. Und in bestimmten Momenten, wenn es wirklich gut klingt, höre ich mir selbst auch gern zu.“ Miles Davis ist sehr wählerisch, doch wie macht er es, wenn's einmal nicht gut klingt, zu spielen und nicht zu hören? Zum Glück eine hypothetische Frage, denn bei seinen Konzerten in der Hamburger 'Fabrik‘ im letzten November gab es keinen Anlaß, nicht hinzuhören. Der Mitschnitt aus einer heißen Novembernacht in einer ebensolchen Julinacht von 23.35 bis 1.30 Uhr auf RIAS 1.

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