: Umweltschutz ist teuer
■ Kläranlage Seehausen soll erweitert werden Umweltsenatorin lobt Abwasser-Verhalten der Industrie
Die Abwasser, die die Bremer Haushalte in die Kläranlage und damit in die Weser auf die kurze Reise Richtung Nordsee schicken, werden sie in Zukunft teurer als bisher zu stehen kommen. Wenn sie heute schon so gefiltert, gesäubert und geklärt würden, wie das im Jahre 2000 passieren wird, dann würde das eine durchschnittliche vierköpfige Familie an die 30 Mark mehr pro Monat kosten - mit dieser fiktiven Zahl, die Inflation wird ein Erhebliches drauf fordern, suchten gestern der Bremer Bürgermeister und die Senatorin für Umwelschutz und Stadtentwicklung klarzumachen, wie teuer der verantwortliche Umgang mit dem Abwasser wäre. Allein für die Sozialhilfeempfänger, für die die Kommune die Wassergeld entrichten muß, entstünden ca. 7 Millionen Mark an Mehrkosten.
Ausgegeben wird das Geld für Investitionen und Betriebskosten von Reinigungsprozeduren. Allein für die Erweiterung der Kläranlagen Seehausen und Farge (Phosphatelimination, Entlastung des Sauerstoffhaushaltes, Stickstoffeinleitung) müssen 100 Millionen Mark ausgegeben werden - „wann immer Frau Lemke dies Geld braucht“, versicherte gestern Wedemeier. Nach Gutachten und Planung ist 1990 mit dem Baubeginn zu rechnen. Zwischen 1990 und 1992 sollen unter dem Titel „Mischwasser 90'II“ auch weitere 35 Millionen Mark für die Sanierung des bremischen Kanalnetzes ausgegeben werden. Bisher springen bei starken Regenfällen die Kanäl-Überläufe an, die Abwasser ergießen sich in Torfkanal oder Wümme und führen dort regelmäßig zu Fischsterben. Mit „Mischwasser 90'II“ soll das nicht mehr so häufig vorkommen.
Eine Gülleverordnung sei „in
der Abstimmung“, erklärte Umweltsenatorin Lemke, durch freiwillige Vereinbarung mit den bremischen Landwirten soll zudem erreicht werden, daß Uferrandstreifen „vorrangig“ aus Düngung und Pflanzenbehandlung (mit Herbiziden und Pestiziden, d. Red.) herausgenommen“ werden.
Die Einleitung „gefährlicher Stoffe“ habe die Wasserbehörde „im Griff“, lobte die Senatorin Lemke die Erfolge ihrer Politik; sowohl bei der Bremer Wollkämmerei wie bei den Klöckner-Werken sei mit Abwasser-Kreislaufanlagen und Verbrennungsanlage „optimal“ reduziert. Bei den kleineren Betrieben, die gewerbliche Abwäser in den Gulli kippen, gebe es noch für 400 der insgesamt 1600 erfaßten Einleiter ein Verfahren, an dessen Ende die Erlaubnis und gegebenenfalls Einschränkungen stehen.
Mit der DDR wird weiter über Entsalzungsanlagen verhandelt. Die Salzfrachtschädigt die salzige Norsee nicht mehr, aber es macht das „süße“ Weser-Wasser für den Menschen ungenießbar und zwingt zu teurem Trinkwasser-Import.
Die Umweltbehörde fordert weiter finanzielle Beteiligung aus Bonn an den langwierigen Investitionen. „Sofortiges Handeln ist aus heutiger Sicht vor allem beim Verbraucher möglich“, heißt es in der Senatsmitteilung. Die Behörde will mit einem neuen Faltblatt Verbraucheraufklärung über „Gewässerschutz in Haushalten“ betreiben, die nach Schätzungen an der Umweltbelastung einen Anteil von rund 30% hätten. Für die Abnahme von gefährlichen Stoffen wie z.B. Farben und Pflanzenschutz-Mitteln bereitet die Behörde die Anschaffung eines zweiten „Schadstoffmobils“ vor.
K.W.
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