: PC am „Rock-Telefon“
■ Was Gutachter des Personalrats in den PCs bei „Radio Bremen 4“ fanden „Hochsensible Hörerdaten: Kontakte, Adressen, Meinungen“
Wer aus dem Knast, aus dem Krankenhaus oder von zu Hause bei „Radio Bremen 4“ anruft, oder angerufen wird, der denkt sicher nicht an den Datenschutz. Aber: Alles, was er an persönlichen Daten ausplaudert, landet im dortigen Personal -Computer. Monika Angel und Eckhard Kanzow, Informatiker an der Bremer Uni, die die beiden PCs im Auftrag des Radio -Bremen-Personalrats Anfang Juli untersuchten, (s. taz vom 19.7.) schreiben darüber in ihrem Abschlußbericht: „Anruferdaten werden in umfassender Weise gespeichert: wer wann was wünscht (Musiktitel, Kontakte etc.), hochsensible Personaldaten, Telefon, Adress-und Krankendaten, Meinungsdaten.“
Der Abschlußbericht der beiden Gutachter liegt dem Personalrat und dem Direktorium des Senders schon seit über einer Woche vor, in die Öffentlichkeit gelangte er bisher noch nicht - auch nicht in die radio-interne. Der taz wurde gestern ein Exemplar zugespielt.
Seit dem November 1986 wird die Pop-Welle „Radio Bremen 4“ ausgestrahlt, ein Programm mit
einem Etat von nur 1,2 Millionen Mark pro Jahr. Deswegen ist die Personalausstattung viel knapper als in anderen Redaktionen, und der Einsatz der PCs ist unverzichtbar. Der Personalrat hat dem zugestimmt, weil die RB 4 - Frequenz sonst von privaten Rundfunkstationen beansprucht werden wäre. Eins jedoch hat der Personalrat zu Bedingung gemacht: Der Gebrauch der beiden Personal-Comuter müsse streng geregelt werden: in einer „Dienstvereinbarung“, ausgehandelt zwischen ihm und der Intendanz. Punkt 3 dieser Vereinbarung heißt: „Verbote der EDV-Nutzung“. Verboten ist insbesondere: „die Erfassung und Verarbeitung von Daten Dritter (z.B. Hörern), die Erstellung und Verwaltung von Adreßdateien, die Erfassung und Verarbeitung von Mitarbeiterdaten (einschließlich
denen Freier Mitarbeiter)“
Im Lichte dieser Vereinbarung sind die Erkenntnisse der Gutachter vernichtend: „Personenbezogene Daten aller bei Radio Bremen 4 beschäftigten Mitarbeiter werden in sehr umfassender Weise gespeichert und verarbeitet“, heißt es in dem Bericht. Im Einzelen wird aufgeführt: Sendeprotokolle und Dienstpläne, Honorardaten, Vorschlagslisten für Playlists, Angebote für Sendungen. Diese Daten zusammen mit den vorhandenen Programmen ermöglichen „eine weitestgehende Leistungs-und Verhaltenskontrolle im Sinne des Pragraphen 87 des Betriebsverfassungsgesetzes und gestatten jede vorstellbare Datenverdichtung sowie entsprechende Auswertungen“, schließen die beiden Gutachter.
Als die taz über die ersten Er
kenntnisse der Gutachter berichtete, schickten zehn Mitarbeiter eine geharnischte Gegendarstellung, in der sie alle bis dahin durchgesickerten Erkenntnisse der Gutachter dementierten. Zu dem nun vorliegenden Gutachter-Bericht mochte sich „Radio Bremen 4“ - Redakteur Axel P. Sommerfeld gestern gegenüber der taz nicht äußern, weil er den Bericht „wohl mal einsehen konnte“, er ihn aber noch nicht schriftlich in der Hand halte. Sommerfeld wollte sich nicht öffentlich äußern, um den Konflikt zwischen den MitarbeiterInnen der Pop-Welle und dem Personalrat nicht weiter zu verschärfen.
Vor zwei Wochen schon ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz bei Radio Bremen tätig geworden. Sein Bericht ist inzwischen fertig und wird dem Sender am Montag zugestellt.
mw
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