Wird die Ökobank ein ganz normales Geldinstitut?

Daß dem Erfolg das Mißtrauen auf dem Fuße folgt, scheint im alternativen Wirtschaftsraum ein ungeschriebenes Gesetz zu sein - nicht zuletzt die 'taz‘ verfügt über entsprechende „Erfahrungswerte“. Jetzt hat es auch das jüngste Kind der „Bewegung“ erwischt: Kaum drei Monate nach ihrer Gründung steht die Ökobank bereits seit Wochen im Kreuzfeuer der Kritik der „Bankbasis“ aus diversen alternativen Projekten. In Berlin, in Frankfurt, in Hamburg und in Bremen befürchten MitgliederInnen des alten Ökobank-Vereins, der bis zur Gründung der Bank Träger der bankpolitischen Bestrebungen war, daß die acht ÖkobankerInnen in der Finanzmetropole Frankfurt dabei seien, die „störende Basis“ abzustoßen, um sich dann in Frankfurt als ganz normale Bank mit dem alternativen Touch etablieren zu können.

Für Ralf Tiede etwa ist alleine der Vorstand der Ökobank schon schlicht „eine Katastrophe“. Tiede, Mitarbeiter der alternativen Firma „Textplan“, die zum Großprojekt ASH -Krebsmühle in Oberursel gehört, ist Mitglied im Ökobank -Verein und - nach eigenen Angaben - „ausgewiesener Kenner“ der „Zustände“ in der Ökobank in Frankfurt-Bornheim. Die beiden „Vorständler“, die der Ökobank vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen genehmigt worden waren, seien „ganz normale Banker“, die mit der „Idee der Selbstverwaltung“ und mit der „Entwicklung alternativer Lebensformen“ nichts am Hut hätten. Im Gegenteil würden die „Vorständler“ - gemeint sind die Geschäftsführer Franz Lässig und Hans-Peter Schreiner - hier „kontraproduktiv“ arbeiten.

Als „kontraproduktiv“ empfanden Ralf Tiede und seine Kollegin aus dem ASH-Projekt „Blätterwald“, Petra Inden, beispielsweise den Umgang der Geschäftsführer der Ökobank mit ihrem Kreditantrag. Nachdem sich die Sicherheit, die von den ASH-Mitgliedern den ÖkobankerInnen zur Kreditabsicherung angeboten worden war, als „in dieser Form nicht akzeptabel“ erwies, habe von den Geschäftsführern keiner mehr einen Gedanken an Alternativmöglichkeiten verschwendet. Tiede: „Für die war das Thema erledigt, nachdem sich herausgestellt hatte, das sich unsere Vorstellungen so nicht umsetzen ließen. Wir wurden richtiggehend abgeschmiert.“ Erst über einen Mitarbeiter der Ökobank, „der dem Selbstverwaltungsgedanken noch nahesteht“ (Tiede), sei es dem ASH-Projekt dann doch noch gelungen, den gewünschten Kredit zu erhalten.

Tiede forderte plakativ die „Auswechselung“ des gesamten derzeit amtierenden Ökobank-Teams, damit dort andere Akzente gesetzt werden könnten, die „in Richtung Selbstverwaltung und Alternativbewegung“ gehen müßten. So weit gehen die KritikerInnen in der Selbstverwaltungszeitung 'Contraste‘ noch nicht. Dennoch: Wie die „Axt im Walde“ seien die ÖkobankerInnen in Frankfurt mit den diversen „Netzwerken“ der Republik umgegangen. Bereits die Bitten auf Übersendung von Werbe- und Informationsmaterialien seien von den BankerInnen „nicht ernst genommen“ worden, obgleich gerade die „Netzwerke“ der Ökobank mehrfach die Zusammenarbeit in den Regionen angeboten hätten, in denen die Bank in absehbarer Zeit keine Filialen wird eröffnen können. Überhaupt hat sich in der Szene der alternativen Betriebe inzwischen Unmut über die angeblich auf Eis liegenden Regionalisierungspläne der Ökobank breitgemacht. Insgesamt 27 Vertragsentwürfe über die Einrichtung regionaler Vertretungen lägen unterschriftsreif in Frankfurt auf dem Wechseltresen. Doch bislang sei noch kein einziger dieser Verträge unterschrieben worden.

Diesem Vorwurf widersprachen die ÖkobankerInnen alleredings heftig. Für sämtliche Antragsteller seien Globalverträge ausgearbeitet worden, die jetzt vom Prüfverband für das Genossenschaftswesen und vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen durchgecheckt werden müßten. Und das sei selbstverständlich eine langwierige Angelegenheit.

Im alten Ökobank-Verein werden trotzdem die Stimmen immer lauter, die den BankerInnen in der Finanzmetropole Frankfurt vorwerfen, sich auf das kapitalträchtige Rhein-Main-Gebiet konzentrieren zu wollen. Und in der Tat haben bislang fast ausschließlich Projekte aus dem Großraum Frankfurt von der Ökobank Kredite erhalten. Die Kritiker aus dem Ökobank -Verein und aus diversen Projekten fordern deshalb die Einführung neuer verbindlicher Entscheidungsstrukturen. Denn ohne „externe Kontrolle“ werde die Ökobank über kurz oder lang „ein ganz normales Bankinstitut“ werden, wie das der Bonner Delegierte des Ökobank-Vereins in 'Contraste‘ formulierte. Nach den Vorstellungen der Kritiker soll der alte Ökobank-Verein demnächst die Ökobank „durch die politische Schwerpunktsetzung und die Entscheidung über die Geschäfts- und damit Wirtschaftspolitik vor Ort“ kontrollieren.

Als weiteres Indiz dafür, daß sich die ÖkobankerInnen in Frankfurt „auf Abwegen“ befinden würden, werteten die Kritiker die Tatsache, daß sich die Bankprofis zur Abdeckung des Versicherungsgeschäftes mit einem Versicherer liiert haben, der sich nicht den Selbstverwaltungskriterien der sogenannten Fairsicherungsläden unterworfen habe. Tatsächlich arbeitet die Ökobank mit einem Düsseldorfer Versichererer(VERSICO) zusammen, der Mitglied im Ring der Raiffeisen und Volksbankversicherungen (R+V) ist und nicht dem Zusammenschluß der Alternativen angehört. Die Ökobanker selbst erklären das mit „historischen Bindungen“ an den Düsseldorfer Versicherer und damit, daß die Firma auch Unternehmensberatung betreibe.

Wie es letztendlich konkret weitergeht mit der Ökobank und ihren Kritikern soll auf einem zweitägigen Arbeitstreffen des ökobank-Vereins im September geklärt werden. Zum „großen Ratschlag“ geladen sind die Vorstände der Landesvertretungen des Vereins und die Regionalgruppen, die glauben, in ihrer Region kurz vor der Bankgründung zu stehen.