: KI - Kein sehr intelligenter Begriff
■ Die Sprachverwirrung um die künstliche Intelligenz
Zumindest im deutschen Sprachraum rührt eine gehörige Portion Verwirrung um die künstliche Intelligenz aus einer plumpen Übersetzung, wie man sie eher von Maschinen erwartet hätte. Der englische Begriff für das Forschungsfeld lautet nämlich „Artificial Intelligence“. Und „Intelligence“ steht im Englischen u.a. auch für: Mitteilung, Nachricht, Information, Auskunft und Spionage. „Intelligence“ im Sprachgebrauch der Informatiker bezieht sich auf das Sammeln und Auswerten von Informationen. Ähnlich gebraucht wird das „Intelligence“ in CIA (Central Intelligence Agency - Us -amerikanischer Geheimdienst, vergleichbar dem Bundesnachrichtendienst. Wer CIA mit „Zentrale Intelligente Agentur“ übersetzt (oder wie schön klänge Bundesintelligenzbehörde statt BND!), ist Euphemist oder Dilettant. Ähnliches gilt für AI und KI.
Aber nun ist sie da, die - auch von KI-Forschern vermaledeite Übersetzung. Nüchterne Definitionen wie „Intellektik“, „Kognitive Informatik“ oder „Simuliertes Verstehen“ konnten den einmal eingeführten Begriff nicht mehr aus der Welt bringen. Und so flüchtet manch ein KI -Forscher in den weiten Mantel der übergeordneten Disziplin und sagt: Gestatten, Dr.Lehmann, Kognitionswissenschaftler. Oder er formuliert in etwa so: „KI-Forscher wollen Maschinen dazu bringen, Aufgaben zu bewältigen, die bei einem Menschen intelligentes Vorgehen erfordern. Dabei lassen ähnliche Resultate noch nicht auf identische Wesenszüge schließen. Wenn Computerprogramme hervorragend Schach spielen, im Sinne der KI also intelligent sind, fehlt dem Schachcomputer heute immer noch einiges, was den menschlichen Schachmeister auszeichnet: zum Beispiel Erfahrung und Intuition.“
Im übrigen finden sich ähnliche, haltlose Anmaßungen auch bei vielen anderen Produkten der Computertechnik, zum Beispiel bei den „intelligenten Fahrstühlen“. Das sind Lifts, die darauf programmiert sind, bevorzugt jene Stockwerke anzufahren, vor denen besonders viele Menschen warten. Wärmesensoren weisen ihnen den rechten Weg. Gebäude werden mittlerweile als intelligent bezeichnet, wenn sie von einem ausgeklügelten System von Telekommunikationsanschlüssen durchzogen sind. Ein PC -Dateiprogramm schließlich weist einen „intelligenten Assistenten“ auf, der folgendes bietet: die Möglichkeit, Datenbankabfragen in deutscher Umgangssprache zu formulieren. Beispiel: „Wieviele intelligente Maschinen leben in Hamburg?“
Die Sprache bringt es an den Tag? Hier nicht. Intelligente Maschinen sind nämlich nichts weiter als „hochstehende“ Maschinen, Produkte, die - technisch gesehen - eben besser sind als ihre plumperen Vorläufer.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen