piwik no script img

Mafiaskandal übertüncht

Italiens Regierung besetzt Stelle eines „Hochkommissars“ gegen die Mafia mit Ermittlungsrichter bei politischen Attentaten / Entscheidung über Antimafia-Pool wird aufgeschoben  ■  Aus Rom Werner Raith

Mit einer schnellen Entscheidung über die freiwerdende Stelle eines „Hochkommissars“ zum Kampf gegen die Mafia sucht die Regierung De Mita derzeit die skandalösen Behinderungen zu übertünchen, die zum Vesetzungsgesuch nahezu aller Mitarbeiter des „Antimafia-Pools“ unter dem Ermittlungsrichter Falcone geführt haben. Zum Hochkommissar ernannt wurde der bisherige stellvertretende Untersuchungsrichter Domenico Sica aus Rom, der dort bisher die Ermittlungen in nahezu allen großen Prozessen um politische Attentate geführt hat - vom Moro-Prozeß bis zum Anschlag auf Papst Johannes Paul II.

Aufgeschoben bis mindestens Mitte September sind damit die wesentlich wichtigeren Entscheidungen über den Verbleib der Gruppe um Falcone und eine Klärung der Vorwürfe, die die Antimafia-Pool-Fahnder und der Chef der Ermittlungsbehörden von Trapani, Paolo Borsellino, speziell gegen den Obersten Ermittlungsrichter Palermos, Antonio Meli, wegen möglicher Prozeßverschleppung gegen hochrangige Politiker erhoben hatten.

Der neuernannte Hochkommissar gilt zwar als ausgezeichneter und zäh ermittelnder Jurist, doch ihm wird nachgesagt, daß er lieber Verfahren eröffnet als abschließt. Überdies haben seine Anklagerhebungen bisher oft nur sehr rudimentär die jeweilige Wahrheit offenbart: bis heute kommt z.B. der Fall Moro wegen zahlreicher ungeklärter Details immer wieder hoch, und im Falle des Papst-Attentats wurden alle vom Täter Ali Agca beschuldigten und von Sica benannten angeblichen Mittäter freigesprochen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen