: Sättigung und Überkapazitäten - „Amerikanische Verhältnisse“
Hamburg (dpa/taz) - Die deutsche Automobilkonjunktur läuft. Mit einer Produktion von fast 2,45Millionen Fahrzeugen steht die deutsche Automobilindustrie im ersten Halbjahr 1988 auf der Sonnenseite der Konjunktur. Voraussagen für das ganze Jahr werden allerdings nur mit Zurückhaltung gemacht. Nochmalige Rekorde sind jedoch weder bei der Produktion noch bei den Zulassungen zu erwarten. So sieht es der Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VdA), Achim Diekmann. Die kurzfristige konjunkturelle Betrachtung dürfe nicht davon ablenken, daß sich der deutsche Automarkt in den kommenden Jahren auf amerikanische Verhältnisse einstellen muß. Bei annähernder Marktsättigung werden gute mit schlechten Jahren abwechseln und die Einschätzung der Autokäufer über ihre wirtschaftliche Situation eine immer wichtigere Rolle spielen. Nach einer Untersuchung des internationalen Arbeitsamtes besteht zur Zeit in der Autoindustrie eine Überkapazität von 3,3 Mio. Fahrzeugen. Davon entfallen drei Viertel auf Westeuropa.
Künftig müßten sich im verschärften Wettbewerb auf dem EG -Binnenmarkt die deutschen Kfz-Fabrikanten stärker „am Riemen reißen“, so der VdA-Experte. Dazu bedürfe es allerdings einer kooperativen Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften. Deren Politik des Bewahrens von Besitzständen bringe die Gefahr mit sich, daß die Autoproduktion zunehmend in den europäischen Süden abwandere. Dort koste die Arbeit weniger. Außerdem wachse die Bevölkerung noch und damit die Zahl der potentiellen Kunden. Den europäischen Ländern droht aber auch schärfere Konkurrenz. So hat die US-Autoindustrie mit japanischer Hilfe wieder Tritt gefaßt und kann sich immer noch auf den größten Automarkt der Welt stützen. Schließlich ist außer der bekannten Aggressivität der Japaner noch mit dem Erscheinen junger Autoländer zu rechnen, an deren Spitze Korea steht.
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