: Klage gegen Hoechst-Gentechnik
Landgericht Frankfurt soll die Genehmigung zur Herstellung von Insulin überprüfen Rechtsanwalt: Genehmigungsbehörde ist überfordert / Öko-Institut: Risiko der Anlage ist nicht kalkulierbar ■ Aus Frankfurt Michael Blum
Frankfurt (taz) - Drei VertreterInnen des „Aktionsbündnisses gegen Gentechnik Hoechst“ haben gegen die Genehmigung für die Hoechst AG zur Herstellung von Insulin aus gentechnisch manipulierten Coli-Bakterien Klage beim Landgericht Frankfurt eingereicht. Vor der Erteilung dieser Genehmigung waren vom Regierungspräsidium Darmstadt die Einwendungen von knapp 400 BürgerInnen gegen die Anlagenteile „Fermtec“ und „Chemtec“ zurückgewiesen worden.
Die „Widerspruchsbescheide bieten allerdings sowohl formalrechtliche als auch politische Gründe für eine Klage“, sagt der vom Aktionsbündnis beauftragte Frankfurter Rechtsanwalt Hans Neumann auf einer Pressekonferenz am Freitag. So gebe es „für gentechnische Anlagen derzeit keine gesetzlichen Grundlagen“, (Neumann) was auch von der Genehmigungsbehörde eindeutig festgestellt worden sei. Ein Verfahren vor dem Frankfurter Landgericht eröffne laut Neumann die Chance, die „verfassungsmäßigen Rechte und demokratischen Einflußmöglichkeiten der BürgerInnen bei der Einführung der Gentechnik exemplarisch darzustellen“. Die strukturelle Unterlegenheit des behördlichen Aufsichtsapparates und der politisch Verantwortlichen gegenüber der Gentechnik-Lobby sei so am konkreten Fall zu problematisieren. Weiter biete ein solcher Prozeß die Möglichkeit, „auf die Entwicklung der Gen-Gesetze einzuwirken“, erklärte Neumann.
Auf der gleichen Pressekonferenz verdeutlichte der Sprecher der BI „Hoechster Schüffler und Maagucker“, Franz Kirchner, daß die Genehmigungsbehörden im Widerspruchbescheid eingestanden hätten, daß sie über keine einschlägigen Kenntnisse auf dem Gebiet der Gentechnik verfügten. Das sie dennoch dem Projekt zugestimmt haben, zeige, daß Hessens Umweltminister Weimar (CDU) sie ganz offensichtlich zur Zustimmung genötigt habe, sagte BUND-Sprecher Ekkard Engert. So gebe es bei einer Nutzen-Risiken-Abwägung keinen Grund, die Anlage in Betrieb zu nehmen: Ein Gutachten des Öko -Instituts Darmstadt belege, daß das Risiko einer solchen Anlage nicht kalkulierbar sei. Der Nutzen von künstlich hergestelltem Insulin werde sogar vom Bundesgesundheitsamt angezweifelt. Eine entsprechende Studie des Amts führe Fälle von schwer erkrankten Diabetikern an, nachdem sie mit Humaninsulin behandelt worden seien. Ein Festhalten an der Hoechst-Anlage sei daher nichts anderes als der Versuch, die „Tür ins Genzeitalter“ aufzustoßen, erklärte die Klägerin Nimsch von den Frankfurter Grünen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen