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Im Abseits

■ Blau-Weiß 90 - Rot-Weiß Essen 2:0 / 4.112 Zuschauer wurden von Butterfahrt-Atmosphäre belästigt / Im Takt: „Hoss raus!“

Mehr Schein als Sein bei Blau-Weiß: Festlich stellt das „Stadionprogramm“ einen neuen Manager und den neuen Sponsor ('Werbepartner‘) vor; vor Beginn und zur Halbzeit sorgen dröhnende Werbespots für Butterfahrt-Atmosphäre; die Spieler werden mit Farbdias auf der Anzeigenwand vorgestellt - und das alles für ganze 4.112 Zuschauer. Und die sahen vorgestern, beim Spiel gegen den Tabellensiebenten Rot-Weiß -Essen, die Umkehrung der bekannten Blau-Weiß-Untugenden. Statt gefällig, durchdacht, aber erfolglos wurde diesmal weitgehend planlos, aber siegreich gespielt: Schlumberger mit flachem Hechtkopfball in der 12. und Gaedtke mit einem Distanzschuß (nach Eckball) in der 78. Minute holten den ersten Heimsieg der Saison. Den äußerst behäbig wirkenden Essenern gelang nicht mehr als ein Lattenschuß in der 65. Minute und die wiederholte Vorführung urplötzlicher Schnelligkeit bei der Abseitsfalle.

Beide Mannschaften spielten geradlinig und einfallslos; Rot -Weiß setzte mehr auf blindlings in die Strafraummitte geschlagene hohe Bälle - Blau-Weiß sah den Strafraum bis zum ersten Tor nur aus der Ferne, ließ als Standard-Angriff den Ball von Gaedtke oder Stark solistisch durchs Mittelfeld schleppen und in Strafraumnähe Richtung Seitenlinie schieben. Die Außenstürmer sahen, daß innen niemand war, und schossen wahlweise einen Gegner zur Ecke an, neben das Tor oder dem (ausgezeichneten) Essener Torhüter Diergardt auf den Solarplexus. Auf den Gegner war Verlaß: Die Essener liefen gelegentlich aus Ratlosigkeit Rückwärtsschleifen mit dem Ball, schlugen aus allen Lagen Fehlpässe, ermöglichten es dem Schiedsrichter durch müde Angriffe, weitgehend aus dem Stand zu pfeifen. Außer den zwei Toren setzten zwei Berliner Fans noch die stärksten Akzente: Einer mit einer ohrenbetäubenden Riesenpauke, einer mit dem donnernden Ruf „Hoss raus“ - in allen erdenklichen Situationen gebrüllt, zeitweilig im Minutentakt. Jener Gescholtene nahm seine Spieler bei der späteren Pressekonferenz in Schutz: „Nach der Kraftleistung gegen Hertha war mehr nicht drin.“

kno

Blau-Weiß 90 Berlin: Mager - Levy - Schmidt, Haller Holzer, Gaedke, Schlumberger, Stark, Clarke - Adler (57. Gartmann), Dinauer (68. Schlegel)

Rot-Weiß Essen: Diergardt - Bast (76. Biagioli) - Pusch, Saborowski - Regenbogen, Griehsbach, Röber, Laibach, Koch Bezelak, Schäfer (33. Abramzcyk)

Tore: 1:0 Schlumberger (12.), 2:0 Gaedtke (78.)

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