: „Genetischer Fingerabdruck“ dient als gerichtlicher Schuldbeweis
Berlin (taz) - Erstmals in der bundesrepublikanischen Kriminalgeschichte wurde in Berlin ein des Mordes verdächtiger Mann mittels seines „genetischen Fingerabdruckes“ überführt. Das gaben die Berliner Behörden am Freitag auf einer Pressekonferenz bekannt. Von dem Verdächtigten 31jährigen Hans-Joachim R. wurde in Großbritannien ein genetischer Test, ein sogenannter „genetischer Fingerabdruck“, in Auftrag gegeben. Mit diesem neuen Verfahren soll jetzt nachgewiesen worden sein, daß R. die 21jährige Berlinerin Claudia Mrosek in ihrer Wohnung vergewaltigt und anschließend in einer Laube ermordet hat.
Der sogenannte DNS-Fingerprinting-Test, mit dem aus Haarwurzeln, Blut und allen Körpersekreten die Erbinformationen verglichen werden können, war 1984 von dem britischen Biochemiker Alex Jeffrey entwickelt worden. Mit Hilfe eines speziellen Verfahrens läßt sich die Abfolge der chemischen Buchstaben des Erbmoleküls Desoxyribonukleinsäure (DNS) auf einem Röntgenfilm ablesen. Das Ergebnis ist ein Streifenbild - der genetische Fingerabdruck. Die Patentrechte für das Verfahren verkaufte Jeffrey an die Firma „Cellmark Diagnostics“.
Seit Februar 1988, so die Diplombiologin von der Berliner Polizei-Technischen Untersuchungsanstalt, bekommt „Cellmark Diagnostic“ auch Aufträge von BRD-Ermittlungsbehörden. R. sei in Deutschland jedoch der erste Fall, wo „jemand“ anhand seines genetischen Fingerabdrucks „überführt“ worden sei. Hermann bestätigte die Information des Gen-ethischen Informationsdienstes (GID) - ein Informationsblatt kritischer Gegenöffentlichkeit -, daß ein in Berlin im Aufbau befindliches Labor zur Erstellung von genetischen Fingerabdrücken im Oktober seine Arbeit aufnehmen wird.
Ob das neue Verfahren als zulässiges Beweismittel anerkannt wird, steht allerdings in den Sternen. Für die hiesigen Gerichte sei der „genetische Fingerabdruck nicht hinreichend erprobt“, erklärte der Berliner Innensenator Kewenig auf Anfrage der SPD dazu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen