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Preußens Gloria in Bayern?

■ Zackig: Wachablösung vor Münchens Staatskanzlei

Berlin (taz) - Auf zackige Soldaten im Stechschritt fahren seit Generationen Touristen ab. Tag für Tag versammeln sie sich zum Wachwechsel vor dem Buckingham-Palace in London oder vor dem Zeughaus in Ost-Berlin. Gibt es in München demnächst eine ähnliche Touristenattraktion? Mit dieser Frage muß sich die bayerische Staatsregierung nach der Sommerpause beschäftigen.

Der SPD-Abgeordnete Max von Heckel stützt seine Anfrage auf den Bericht eines Wochenmagazins. Danach wird der Wachwechsel vor der Staatskanzlei, dem Regierungssitz von Franz Josef Strauß, militarisiert auf „einen diskreten Wunsch aus dem Innenministerium“. Ging früher die Wachablösung ganz leger vonstatten, so schlägt jetzt der neue Polizist zweimal einen zackigen rechten Winkel, wenn er aus der Kanzlei herausmarschiert. Steht dann dem müden Posten von Angesicht zu Angesicht gegenüber, schaut dem Kollegen tief in die Augen und tritt an seine Seite. Kurz darauf marschiert der Abgelöste auf der gleichen Spur ab einschließlich aller rechter Winkel.

In der parlamentarischen Anfrage möchte von Heckel nun wissen, ob die bayerische Staatsregierung durch das neue Zeremoniell eine Verbesserung des Schutzes erwartet oder eine neue Touristenattraktion schaffen will. „Ist eine neue Bekleidung und eine auffallende Kopfbedeckung geplant?“ fragt von Heckel weiter. Und „glaubt angesichts der Umgestaltung im Ostblock und der damit einhergehenden Entmilitarisierung von Ritualen die Staatsregierung, ausgerechnet in Bayern der Nachwelt preußisches Stechschrittzeremoniell erhalten zu müssen?“

Das Innenministerium wies die Vorwürfe von sich und bezeichnete die Anfrage als „lachhaften Mumpitz“. Es würde sich bei der Wachablösung auch nicht um ein militärisches Zeremoniell handeln, sondern die Polizeibeamten sollten lediglich vernünftig auftreten und sich wichtige Informationen und auffällige Beobachtungen mitteilen. Wer den „diskreten Wunsch“ geäußert hat, ist bis heute unklar. Ministerpräsident Franz Josef Strauß soll es angeblich nicht gewesen sein.

Caroline Schmidt-Gross

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