: SPD streitet über Daimler-MBB-Fusion
SPD-Bürgermeister begrüßt „industrielle Führerschaft“ beim Rüstungsbetrieb / SPD-Vorstand erinnnert an sozialdemokratische Grundsätze und lehnt Fusion ab / „Daimler-Benz nicht in die Suppe spucken“ ■ Aus Bremen Klaus Wolschner
„Das Bundesland Bremen gerät in eine aussichtslose Abhängigkeit von der Rüstungsproduktion.“ Mit dieser Feststellung zwang im Juli der Bremer SPD -Unterbezirksvorsitzende Armin Stolle seinen Genossen eine verspätete Diskussion auf: Wenn der geplante Einstieg von Daimler Benz beim Flugzeug- und Rüstungsproduzenten MBB zustande kommt, dann wird bis zu einem Drittel der bremischen Arbeitsplätze direkt oder indirekt von dem Rüstungskonzern und der Autokonjunktur abhängen. Der Bremer SPD-Bürgermeister Wedemeier kommentiert seit Wochen die Fusionsverhandlungen mit der Bemerkung, er könne eine „industrielle Führerschaft“ bei MBB nur begrüßen, allerdings wolle Bremen dabei seinen Aufsichtsratssitz behalten. Dagegen erinnerte SPD-Mann Stolle daran, daß SPD -Bundestagsfraktion, MBB-Gesamtbetriebsrat und IG Metall Bedenken gegen die unauflösbare wettbewerbsfeindliche Machtkonzentration haben.
Am vergangenen Wochenende stellte sich der Landesvorstand der SPD-Bremen hinter diese Kritik und beschloß einstimmig: „Der Landesvorstand der SPD lehnt die geplante Fusion Daimler/MBB ab.“ Der Landesvorstand verpaßte dem Bürgermeister eine Quittung für dessen Eigenmächtigkeit: 40 bis 60 Millionen Mark, die Bremen notfalls aufbringen müßte, um bei einer Kapitalerhöhung den Zehn-Prozent-Anteil und somit den Aufsichtsratssitz bei MBB zu behalten, soll es erstmal nicht geben. Statt dessen soll Wedemeier in die Partei-Pflicht genommen werden, „öffentlich ein Stück Widerstand gegen die Fusions-Pläne zu signalisieren“.
Stolle hatte in seiner Kritik an die Beschlüsse des SPD -Bundesparteitags in Nürnberg 1986 und an das Bremer Wahlprogramm erinnert, wo ein Bemühen um Alternativen zur Rüstungsproduktion versprochen wurde. Kategorisch stellte Stolle fest: „Wer die hohen Gewinne in der Rüstungsproduktion halten (...) und den Export von Rüstungsgütern in die Krisengebiete dieser Welt fortsetzen will, hat den Anspruch verloren, Sozialdemokrat zu sein!“
Die Bremer Landesregierung hat andere Sorgen. Während der Bürgermeister den Beschluß seines Landesvorstandes „begrüßte“, aber die Kritik schlicht ignorierte, gab die Landesregierung bekannt, daß die Daimler-Investitionen für den Bau des Luxus-Sportwagens in Bremen mit 24,5 Millionen Mark aus der Landeskasse subventioniert wird. Gleichzeitig sollen die Straßenbahnfahrpreise erhöht werden, damit das hoch verschuldete Land drei bis vier Millionen Mark Subventionen für den Öffentlichen Nahverkehr spart. Finanzsenator Grobecker dazu sarkastisch: „Die Erfinder der Stamokap-Theorie hätten ihre wahre Freude...“ Wo es aber um Arbeitsplätze geht, könne es nicht die Aufgabe des kleinen Bundeslandes sein, „Daimler Benz in die Suppe zu spucken.“
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