: Wo Blut in Bäuche tropft...,
■ ..., da soll ein HIV-Test vor sein / In einer Klinik in Bremerhaven wird PatientInnen und Personal „nahegelegt“, sich testen zu lassen / Gesundheitsbehörde: „Stimmt mit unsrer Aids-Politik nicht überein“
„Ein HIV-infizierter Chirurg sollte keine Bauchoperationen machen, damit sein Blut nicht in den Bauch des Patienten tropft“, erklärte drastisch der Bremerhavener Professor Schubert, der dort am privaten und katholischen St.-Joseph -Hospital die Abteilung Innere Medizin leitet, gegenüber der taz. Um das pflegende und besonders das operierende Personal vor Aids zu schützen und umgekehrt keine infizierten Operierenden auf die narkotisierten PatientInnen loszulassen, gibt es in der katholischen Klinik weitgehende, vorbeugend ge
meinte Maßnahmen gegenüber PatientInnen und Angestellten.
„Verdächtigen Personen“ unter den Patienten, so beschrieb Schubert der taz die Praxis in seiner Klinik, werde ein HIV -Test „nahegelegt„; dazu gehören „Drogenabhängige, Prostituierte, Bluter-Kranke und, in abnehmender Zahl, Homosexuelle.“ Der Professor zur relativen Freiheit von PatientInnen, sich kurz vor einer Operation testen zu lassen: „Da muß man erst fragen, aber ich habe noch nie erlebt, daß einer das nicht macht!“
Und wer in der katholischen
Klinik einen Posten etwa als ChirurgIn haben will, soll nicht nur gut schneiden und nähen können, sondern auch HIV -negativ sein: „Wenn man weiß, der ist positiv, kann man den ja an anderer Stelle einsetzen, zum Beispiel auf der Station“, so Schubert.
Was sich so einleuchtend-prophylaktisch, gesund und supersteril anhören mag, verstößt erstens gegen die bremischen Aids-Richtlinien und Dienstanweisungen der Gesundheitsbehörde und ist zweitens ein medizinischer Irrtum, der das Gegenteil der guten Absicht bewirken könnte. „Bei
den Einstellungs-Untersu chungen für Personal bremischer Krankenhäuser, die wir hier durchführen, wird ganz sicher kein HIV-Test gemacht“, erklärte Dr. Norbert Schmacke vom Bremer Hauptgesundheitsamt (HGA). Schmacke hält routinemäßig vorbeugende HIV-Tests für „Tinnef“, sogar für schädlich: Weil zwischen Infektion und positivem Testergebnis mindestens sechs Wochen vergehen, kann heute schon positiv sein, wer morgen noch negativ getestet wird. Bundesgesundheitsamt wie Krankenhaus -Hygieniker wissen, daß mit den normalen - allerdings oft viel zu schlampig angewandten - Hygiene-Maßnahmen der Schutz vor Aids wie auch vor der hochgefährlichen und noch leichter übertragbaren Gelbsucht ausreichen. Die „Pseudo-Sicherheit“ durch Tests, selbst wenn sie reihenweise an allen Patienten durchgeführt würden, führt nur zu nachlässigem Umgang bei den scheinbar „Gesunden“.
Ausdrücklich sieht die bremische Dienstanweisung für das Gesundheitswesen vor, daß auch
HIV-Positive an ihrem bisherigen Arbeitsplatz bleiben. „Wenn man erst anfängt, intern zu versetzen“, so Schmacke, „kommen die heute ins Archiv und übermorgen auf die Straße.“ Die Dienstanweisungen der Gesundheitsbehörde sind für kommunale Krankenhäuser im Bundesland bindend und haben für private empfehlenden Charakter. „HIV-Tests bei Personaleinstellungen würden mit unserer Aids-Politik überhaupt nicht übereinstimmen“, kommentierte Helga Loest, Pressesprecherin der Gesundheitssenatorin, „das gleiche gilt für nur vorsorglich 'nahegelegte‘ Tests von Patienten.“ Noch unter dem damaligen kommissarischen Gesundheitssenator Scherf war das kommunale Bremerhavener Zentralkrankenhaus vor einem Jahr ins Gerede gekommen, weil dort in der Chirurgie reihenweise PatientInnen ohne ihr Wissen HIV-getestet wurden. Nach einer Intervention des Magistrats wurde diese Praxis damals eingestellt. Schubert will den behördlichen Empfehlungen folgen, „wenn sie vernünftig sind.“ Susanne Paa
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