: Hormonskandal verschlafen
Großmäster Hying und Wigger waren für Behörden „alte Bekannte“ / Hying schon 1986 angeklagt ■ Aus Düsseldorf J. Nitschmann
Die beiden westfälischen Kälbergroßhändler Felix Hying (50) und Bernhard Wigger (56), die zu den Hauptverdächtigen im jüngsten nordrhein-westfälischen Hormonskandal zählen, sind bei den Behörden in den letzten Jahren permanent wegen illegaler Masthilfen aufgefallen.
Nach den der taz vorliegenden Informationen hat der Regierungspräsident in Münster, Erwin Schleberger (CDU), seit Anfang der 80er Jahre bei den Staatsanwaltschaften in Bielefeld und Münster wiederholt Strafanzeige erstattet, nachdem die Veterinäre der RP in den Rinderställen von Hying und Wigger „illegale Masthilfen“ und Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz entdeckt hatten. Lediglich in einem Falle ist aufgrund dieser Anzeigen aus dem Regierungspräsidium von der Staatsanwaltschaft Münster gegen den Mäster Wigger im Jahre 1985 Anklage erhoben worden, die derzeit noch bei der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Münster anhängig ist.
Alle anderen Ermittlungsverfahren sind offensichtlich eingestellt worden. Zu Beschlagnahmeaktionen der Kälber, wie sie aufgrund des jüngsten Hormon-Skandals erfolgten, ist es offensichtlich in keinem einzigen Falle gekommen. Das Kalbfleisch der ins Zwielicht geratenen Mäster Hying und Wigger wanderte jahrelang unbeanstandet in Schlachthöfe und Fleischerläden.
Wie der taz weiter bekannt wurde, soll der inzwischen festgenommene Großmäster Hying aus Südlohn-Oeding bereits im Jahre 1986 von den Hamburger Strafbehörden wegen illegaler Masthilfen an rund 3.000 sichergestellten Kälbern angeklagt worden sein. Hying sei von dem zuständigen Gericht in der Hansestadt jedoch schließlich freigesprochen worden. Das Gericht habe seine Einlassung, er habe die mit Wachstumshormone verseuchten Tiere gekauft und nicht selbst aufgezogen, nicht widerlegen können.
Darüberhinaus wurde der taz bekannt, daß dem Tierarzt des Kälber-Multis Wigger, einem Dr. Kipp, bereits im Jahre 1983 vorübergehend wegen eines gegen ihn laufenden Strafermittlungsverfahrens die Approbation als Mediziner entzogen worden ist. Der Sprecher des RP Münster, Gunther Hagemann, erklärte auf Anfrage, daß seine Behörde die Approbation des Tierarztes wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz vorübergehend „zum Ruhen verordnet“ habe.
Im westfälischen Münster wurde bekannt, daß entgegen anderslautender Informationen vom Montag die in der vergangenen Woche aus den Ställen des Großmästers Felix Hying geschmuggelten rund 500 Kälber doch noch nicht gefunden wurden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen