: Herbstloch in Sicht
■ McCASH FLOWS ORAKEL
„Im Börsensaal“, so meldet das Handelsblatt am Dienstag, „macht sich gähnende Langeweile breit.“ An der Düsseldorfer Börse, die über die größte elektronische Kurswand in Europa verfügt, tauchte auf dem Parkett die Frage auf, ob die Anzeigetafel defekt sei, so wenig Kursbewegungen zeichneten sich ab. Die Abstinenz der Anleger führte nicht nur an den deutschen Börsen zu abbröckelnden Kursen, auch der Rest der Börsenwelt wartete derzeit wieder einmal: auf die neuesten Zahlen der amerikanischen Handelsbilanz, die am Dienstag dieser Woche veröffentlicht werden. Doch auch, wenn diese halbwegs positiv ausfallen sollten, scheint es mit der Euphorie an den Börsen und der allseits beschworenen Sommer -Rallye vorbei. Denn was bis vor kurzem von den Aktien -Optimisten noch als Zins-Buckel bezeichnet wurde, hat sich mittlerweile eindeutig als weltweiter Zinstrend nach oben herausgestellt, ein Ende des „Buckels“ ist nicht in Sicht: Nach der überraschenden amerikanischen Diskontsatz-Erhöhung in der vorigen Woche stehen die europäischen und japanischen Finanzhüter wieder unter Druck. Vor allem die Bundesbank, die in den letzten Wochen permanent an der Zinsschraube drehte, steht im Zugzwang: Soll der Dollar nicht über die 2 -Mark-Grenze entfleuchen, muß die alte Zinsdifferenz zwischen DM und Greenback schleunigst wiederhergestellt werden. Diese Aussichten sind Gift für den Aktienmarkt, denn jedes halbe Prozent mehr Zinsen macht die Anlage in festverzinslichen Papieren im Vergleich zur Aktie attraktiver. Doch nicht nur diese fundamentalen Hemmnisse sprechen für ein sich in den Herbst ziehendes Sommerloch am Aktienmarkt, auch die Chartanalysten, Marktechniker und Wellentheoretiker zeigen mit dem Daumen nach unten: Kein einziger ihrer Indikatoren spricht zur Zeit für einen Aufschwung des deutschen Aktienmarkts. Und das ist schon erstaunlich: In der Vergangenheit gab es meist zumindest eine Kursbildformation, die sich bei genauerem Hinsehen positiv deuten ließ.
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