„Von einem Schuß nichts mitbekommen!“

■ Kripo-Chef Möller spekuliert / Widersprüche über Widersprüche

Nur wenige 100 Meter entfernt vom Bremer Tatort Busbahnhof Huckelriede fand gestern mittag in der Polizeikaseren Huckelriede eine 1 1/2 stündige Polizei-Pressekonferenz statt. Die Polizeileitung und Innensenator Meyer hatten eingeladen - und Dutzende von PressevertreterInnen, einschließlich Funk und Fernsehen, erwarteten mit Spannung die polizeiliche Darstellung der Ereignisse vom Vortag. Die Geiselnahme war zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet, dennoch gab es kritische Nachfragen und Zündstoff genug.

Hauptthema kritischer Nachfragen waren die Ereignisse an der Autobahn-Raststätte Grundbergsee. Hat die Polizei durch einen groben Fehler eine Mitverantwortung am Tod des 15jährigen Italieners? Laut Aussagen von Kripo-Chef Möller tauchte die Komplizin der Geiselnehmer völlig unerwartet mit entsicherter und durchgeladener Waffe im Durchgang der Damentoilette auf. Zwei dort zur Beobachtung des Busses postierte Zivilpolizisten hätten sich bedroht gefühlt und daher die Frau entwaffnet, überwältigt und festgenommen. „Es war niemals die Absicht, einen einzigen Täter allein festzunehmen“, so Möller. Die Polizei habe nicht bemerkt, daß die Frau in die Damentoilette gegangen war, weil der Bus von einer Traube von JournalistInnen belagert wurde. Die Polizei habe sich bewußt im Hintergrund gehalten, um keinen Eskalationsanlaß zu bieten.

Die Festnahme der Frau soll laut Protokoll um 23.03 Uhr durchgeführt worden sein, bereits „wenige Minuten später“, so gestern die offizielle Version, sei die Frau wieder freigelassen worden, „nachdem die Täterin von ihren Mittätern zurückgefordert wurde“.

Die Aussagen von Polizei und den am Tatort gewesenen JournalistInnen widersprechen sich in der Frage, ob die Schüssen fielen, als die Freundin der Gangster noch in Polizeigewalt oder bereits wieder im Bus war. Polizeichef Möller muß „spekulieren“, weil er „nicht genau weiß, wann der Schuß gefallen ist.“ Von den Polizisten sei zwar einmal „ein Geräusch gehört worden, das sich wie ein Schuß anhörte. Aber wir haben zu keiner Zeit die Mitteilung darüber bekommen, daß ein Schuß gefallen ist“, so Möller weiter. „Von einem Schuß bzw. dem Erschießen einer Person haben wir nichts mitgekriegt.“ Um 23.11 Uhr habe dann die Straßenbahn gemeldet, daß im Bus eine Person erschossen worden sei. Nach den offiziellen Zeitangaben setzte sich der Bus dann um 23.14 wieder in Bewegung. Weiter heißt es im Polizeibericht: „Eine Person wird mit einer Kopfwunde auf der Autobahnraststätte gefunden.“ Nach Augenzeugenberichten lag der Italiener zu diesem Zeitpunkt bereits etwa 10 Minuten im Flur vor den Toiletten. Um ihn herum knieten mehrere Polizisten.

RaS

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