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Giftchronik

-Im September 1987 liefert das baden-württembergische Unternehmen Weber, zu deren Kunden Siemens, Bosch und Daimler Benz zählen, zur versuchsweisen Verbrennung sogenannten „Ersatzbrennstoff“ an das türkische Zementwerk Göltas. 1.500 Tonnen des Sonderabfalls, bei dessen unsachgemäßer Verbrennung Dioxin austreten kann, werden nachgeliefert. Die taz macht am 8.Februar den Fall publik. Gutachten der Technischen Universität Ankara weisen hohe PCB -Werte aus und bescheinigen die Gefährlichkeit des Stoffes. Die Verbrennung wird behördlich untersagt, ein Rücktransport bei Strafandrohung verfügt.

-Im März dieses Jahres wird bekannt, daß die Sondermüllfirma Altvater EVA aus Bad Wurzach 1.000 Tonnen chlorhaltiger, halogenierter Lösemittel - Rückstände der Metalloberflächenbehandlung in der Autmobilindustrie - an die Büyüktemiz in Kütahya liefern will. Die türkische Firma hatte mit dem Projekt einer Transformatorenfabrik getarnt eine Betriebslizenz beantragt und wollte auf einem 200.000 m2 großen Grundstück eine Sonderabfalldeponie für ausländischen Giftmüll betreiben. Der Coup fliegt auf. Die Betriebslizenz wird entzogen, Akten der Firma werden beschlagnahmt, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Eigentümer. Der Export in die Türkei kommt nicht zustande.

-5.Mai: Der türkische Umweltminister trifft seinen Amtskollegen Klaus Töpfer in Bonn. Die Müllexporte aus der BRD sind Hauptgegenstand der Gespräche. Töpfer verspricht die Rücknahme des Sonderabfalls der Firma Weber: „Die Bundesregierung wird dafür sorgen, daß illegal in die Türkei geschaffter Sondermüll auf Kosten des Verursachers zurückgeführt wird.“ Die Firma Weber will ihren „Ersatzbrennstoff“ nicht zurücknehmen.

-Der Frachter „Petersburg“ versucht eine als Industriesand deklarierte Ladung von 1.200 Tonnen in der Türkei zu löschen. Die Behörden schöpfen Verdacht. Analysen weisen radioaktives Cäsium nach. Die Entladung der radioaktiven Stoffe wird verboten. Die Türkei informiert die Schwarzmeeranrainerstaaten. Auch im rumänischen Freihafen Sulina wird die Annahme verweigert. Es ist immer noch unklar, was mit der Ladung geschehen wird.

-Nach der Strafandrohung an die Zementfabrik Göltas verläßt der dänische Frachter „Niktis Trader“ beladen mit dem Sondermüll der Firma Weber am 30.7. den türkischen Hafen Antalya. Zielort Rotterdam. In einem taz-Interview über den Fall „Weber“ redet der türkische Umweltminister Adnan Kahveci von einer „Giftmüllmafia“ in den Industrieländern: „Anstatt die Abfälle teuer in der BRD zu entsorgen, wird die Ware unter Zahlung von Schmiergeldern exportiert.“ Die Firma Weber verklagt die taz wegen Veröffentlichung des Interviews.

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