piwik no script img

„Keinen Fehler gemacht“ und „versagt“

■ Innensenator und Einsatzleitung sehen keinen Anlaß für ein Eingeständnis von Fehlern CDU und Grüne hingegen sehen „völliges Versagen“ und fordern personelle Konsequenzen

Die Erklärung der Bremer Innensenators Bernd Meyer (SPD), die Bremer Polizei und ihn selber treffe keine „Mitschuld“ am blutigen Ausgang der Geiselnahme und er könne auch kein „persönliches Fehlentscheidung erkennen“, (vgl. Bericht Seite 2) traten gestern nachmittag Sprecher der Oppositionsparteien entgegen. Die CDU-Fraktion forderte den Rücktritt Meyers. Fraktions-Chef Reinhard Metz warf der Polizei vor, „führungs- und orientierungslos“ agiert zu haben. Auch nach den Erläuterungen Meyers blieben viele Ungereimtheiten. Ausbildung und Ausstattung der Bremer Polizei müßten für die Zukunft verbessert werden, forderte der Christdemokrat.

Der Bürgerschaftsabgeordnete der Grünen, Martin Thomas, forderte Innensenator Meyer in einer Presseerklärung ebenfalls auf, persönliche Konsequenzen zu ziehen. Er warf Meyer und der Bremer Polizeiführung „völlige

Konzeptionslosigkeit“ vor, die „politische Führung“ habe versagt: „Die Rettung der Geiseln als oberstes Ziel staatlichen Handelns stand nicht während des gesamten verlaufes des Eingreifens der Polizei im Vordergrund.“

Auf einer Pressekonferenz am Mittag hatten Innensenator und Einsatzleitung versucht, die von Journalisten und den Angehörigen der Toten zusammengetragenen Fragen nach dem polizeilichen Handeln zu klären. Für die Tatsache, daß die Bremer Straßenbahn-AG ihre Fahrzeuge nicht aus dem Gefahrenbereich weggefahren hatte, wollte Kripo-Chef Möller keine Verantwortung übernehmen. Um 18.49 Uhr haben man die BSAG aufgefordert, die Haltestelle zu räumen. Der Pressesprecher der BSAG, Pietsch, meinte dazu gestern abend gegenüber der taz: „Die von Herrn Möller angeblich erfolgte Anweisung ist nicht erfolgt.“ (vgl. „Neue Vorwürfe..“)

Die Festnahme der Komplizin

in der „vertrackten Situation Grundbergsee“ (Meyer) sei nicht angeordnet worden, auch da treffe die Einsatzleitung „keine Mitschuld“. (vgl. dazu nebenstehenden Kasten).

Der Bremer Polizeipsychologe Rein Karm warf den Journalisten vor, sie hätten durch ihre Gespräche und Intervies mit den Bankräubern deren „Kontaktbedürfnis“ befriedigt und dadurch den „geschulten Beamten“ der Polizei die Möglichkeit genommen, „entscheidend in das Tatgeschehen einzugreifen“. Diese Darstellen stieß bei einigen der anwesenden Journalisten auf Widerspruch. Denn zu keinem Zeitpunkt hatte die Polizei einen Pressevertreter gebeten, auf solche Gespräche zu verzichten, im Gegenteil: Die vielfältigen Versuche von Journalisten, direkten Kontakt zur Polizei herzustellen, waren von Polizeiseite aktiv in Anspruch genommen worden. (vgl. taz 18./19.8.)

rs, kw

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen