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Hör-Funken: "Das Igel-Syndrom"

(„Das Igel-Syndrom“, Realsatire, Hessen 2, 2030 - 2130) Die Schweiz will ihre Rütli-verschworene Eidgenossenschaft so sicher machen wie ein Geheimkonto auf einer Schweizer Bank. Deshalb igelt sie sich in „bewaffneter Neutralität“ ein und hat für das Konzept der „Gesamtverteidigung“ den Igel als Wappenfigur und nicht etwa einen Käse mit Löchern. Trotzdem ist der Igel und seine Strategie in Löchern zuhause, nur nicht in denen eines Käses, sondern des Alpenkamms, der durchlöchert und mit Waffen gespickt ist; ebenso wie das Land flächendeckend unterkellert und unterbunkert wurde, mit wohlgefüllten Vorratskammern und so, daß sich Verwaltung, Radio und Fernsehen - vermutlich sogar Medienempfänger und Verwaltungsopfer - in die bestens vorbereitete und vorgeheizte Unterwelt zurückziehen können, um das Spiel der Oberwelt dort ungestört weiterspielen zu können. Die Schweiz existiert also eigentlich doppelt, als Oberschweiz und als Unterschweiz, weltweit der einzige Staat, dem bisher gelang, durch konsequente Verdoppelung seine Doppelrolle bombensicher und dauerhaft zu machen. Dem kann die Bundesrepublik natürlich nicht tatenlos zusehen, so daß seit Jahren an „Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung“ gebastelt wird. Zwar wird an Bunkern für Atommüll hierzulande schon heftig geplant, wo er vor seinen und der Atombombe oberirdischen Folgen sicher liegt; und auch Bunker, in denen Regierung und Militärs vor den Folgen ihres Tuns geschützt sind, existieren. Aber einige Erfahrungsdefizite der Käseherstellung haben wahrscheinlich die Durchlöcherung und Unterhöhlung der gesamten Bundesrepublik bisher verhindert: eine letzlich tröstliche Vorstellung, weil die Verdoppelung des Landes doch eher eine Horrorvorstellung ist. Florian Lindemann wird beim Sinnen über die tiefere Bedeutung der Löcher in der Schweiz ganz realsatirisch auch bundesrepublikanische Phänomene anbohren.

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