: WHAT ARE YOU DOING AFTER?
■ „The Mysterious Go-Go Dancers from Hell have a Sexorgie/Partie“ im Fischbüro
Am Breitscheidplatz finden ständig Reklameveranstaltungen statt. Animationsdamen verweisen die „brothers and sisters“ auf hervorragende Erfahrungen mit dem zu verkaufenden Produkt. Von Unglück und Lebensschmerz ist anfangs keine Rede: „Mein Durst nach Liebe wurde immer größer“, von Veränderungen nach Bekanntwerden mit dem Artikel: „Mein Herz wurde offener“, schließlich: „Jesus lebt!“
Mein eigener Durst nach Liebe führte mich anderswohin „The Mysterious Go-Go Dancers from Hell have a Sexorgie“ war in verschiedenen Periodika zu lesen. Eine solche Ankündigung bewirkt natürlich immer, daß sich Menschen zusammen drängen, mit denen man gerade keine Sexorgie haben möchte.
Und überhaupt - war das früher nicht viel einfacher, sexorgienmäßig; da kam zufällig der eine oder andere, ein Wort gab das nächste, Alkohol und Drogen taten ihr übriges, und die übliche Samstagsbeschäftigung begann. Ewige Frage „What are you doing after the orgie?“ (Baudrillard) (Ich frage mich, wieviele von den ach so freien intellektuellen Menschen a la Baudrillard wirklich die Erfahrung einer Sexorgie gemacht haben? - d.S.).
Es gab nichts dergleichen. Theo und ein Freund namens Benjamin verteilten zwar 'Playboy‘ und 'Cosmopolitan‘, tanzten auf Theke, Tischen und der Bühne, mal allein, mal zu zweit, gekonnt, natürlich in modisch zerrissenen Jeans und lustigem Rhythmus (Theo), gestreifte Unterwäsche hüftschwingend präsentierend, sehr sexy (Benjamin), aber kein Funke sprang über, und die Deppen im Publikum wie auch ich forderten gelangweilt, daß sich doch endlich mal jemand ausziehen sollte.
Es gab auch eine Tombola - Leberwurstbrote, Platten, Sekt oder Menüs, die auf der Bühne einzunehmen waren, gewannen Maria, Petra, Erich und 57 andere. Attitüdenhaftes Lustigperformancegetue halt, das wir uns schon zu Weihnachten („Berliner Nacht - Live aus dem Fischlabor“, Mütter und Väter kichern über ihre ausgeflippten Söhne und Töchter) antun durften.
Dabei sind natürlich alle sehr nett und jung und hübsch, und es kostet ja auch nichts. Auch Florian Trümbach, der seine „Veranstaltung“ mit den üblichen archaischen Dingen unternimmt und sich und einen angeknacksten Bio -Unterrichtskorso (offener Bauch und Brustkorb) mit Butter, Erde und Blut beschmiert, in Ledertanga, SS-Mantel und Knobelbechern, Blut trinkt und mittels eines Schlauchs dem Lehrobjekt durch die offene Luftröhre pustet. Es stinkt, dann brennen benzingetränkte Blumensträuße. Selbsterfahrungskram eben.
Orgie. Vielleicht das nächste Mal, wenn die Kollegen „another Sexorgie“ inszenieren (am 30.8. um 23 Uhr).
taz
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