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Abschiebungen zum Spartarif

Bewacher von Abgeschobenen fliegen zum halben Preis / Sondertarif als „politische Entscheidung“  ■  Von Vera Gaserow

Berlin (taz) - Wenn Ausländer zwangsweise aus der Bundesrepublik abgeschoben werden, dann bieten Fluggesellschaften Vater Staat eine besondere Service -Leistung: Beamte des Bundesgrenzschutzes, die dafür sorgen sollen, daß sich die Fluggäste wider Willen ihrer Abschiebung nicht widersetzen, dürfen zu einem speziellen Spartarif reisen. Das Bundesverkehrsministerium hat den Fluggesellschaften die Erlaubnis für einen Sondertarif gegeben, der zum Beispiel bei British Airways die Hälfte des Normaltarifs beträgt. Dieser Abschiebetarif wurde jetzt durch ein Schreiben der BEA bekannt, das der Berliner Alternativen Liste zugespielt worden war.

Neben der BEA, die ihren Billigtarif am 12.Juli 88 vom Verkehrsministerium genehmigt bekam, fliegen unter anderen die Lufthansa und die PanAm bei Abschiebungen den BGS zum halben Preis. Nach Auskunft des Verkehrsministeriums unterliegen solche Sondertarife bei der Genehmigung äußerst restriktiven Bedingungen. Der jetzt genehmigte Billigpreis beziehe sich „ausschließlich auf Abschiebungen“ und sei kein „Polizeitarif“ oder ein Tarif für den Öffentlichen Dienst. „Das war eine politische Entscheidung“, erklärte dazu der für Flugtarife zuständige Beamte im Bundesverkehrsministerium. Ein solcher Tarif läge im „öfffentlichen Interesse“, denn „Abschieblinge“ böten keine Gewähr für ein ruhiges Verhalten während des Fluges. „Das wäre Ihnen doch sicher auch unangenehm, neben einem Abschiebling zu sitzen, nicht?“ Die Möglichkeit, einen Billigtarif anzubieten, könne den Fluggesellschaften außerdem die „Entscheidung erleichtern“, einen Ausländer samt uniformierter Begleitung zurückzufliegen. Nach Angaben der British Airways ist die Initiative zu diesem Abschiebetarif von der Bundesregierung ausgegangen.

Das Verkehrsministerium als oberste Luftfahrtbehörde habe eine sogenannte government directive, eine Art Anweisung geschickt, in der der Spartarif den Fluggesellschaften nahegelegt wurde. Daraufhin habe man einen entsprechenden Antrag gestellt. Das sei aber „nichts Politisches, sondern ein reiner Kundenservice“. Schließlich sei der Kunde Staat kein schlechter Kunde.

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