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Alles umsonst auf Kinder-Ralley

■ Gesamtschule Mitte verunsichert Viertel / Obst, Bücher, Taxi: Alles umsonst

Gegen 11 Uhr klingelte es gestern bei der taz-Redaktion: Fünf Kinder stürmten rein, wollten einen mitnehmen. Das Ansinnen schien zwingend.

Eine Stunde später: Großes buntes Durcheinander gestern mittag im Cafe Sand. Die drei Vorklassen der Gesamtschule Mitte hatten sich die Hal-Över-Fähre über die Weser und das neue, mit Brettern improvisierte Ausflugs-Cafe zum Ziel für ihre Obstsalate genommen. Die Bedienung hinter dem Tresen schien ahnungslos. Auf die Frage, was los sei, antwortete Eva dem taz-Reporter und seiner GSM-Hilfs-Reporterin Sarah: „Ich weiß von nix.“ Für umsonst hatten die Kinder im Viertel Obst für alle geschnorrt, sogar „Comet“ spielte mit und gab 5 Bananen an der Kasse vorbei. Aber nicht nur das konnten die 10-12jährigen Mädchen und Jungen anschleppen: Einem Orthopädie-Geschäft hatte die Gören Vertrauen abgerungen und einen Rollstuhl ausgeliehen, im Theater wollten sie einen waschechten Schauspieler - dort wurde aber verbissen geprobt, keiner schien überflüssig. Trostpreis: Die Gruppe konnte mit wunderschön geschminkten Gesichtern die Blicke aller auf sich ziehen. Beim Fundbüro sollten die einen ein Fahrrad holen, am Körnerwall andere sich ein Haus aussuchen und feststellen, was es dort zu Mittag gibt. Bei Blessing schnackten sie ein Exemplar der „Unendlichen Geschichte“ ab. Das Schärfste? „Umsonst mit dem Taxi fahren.“ Einige der Gesamtschüler hatten als Aufgabe gestellt bekommen, einen Taxifahrer rumzukriegen; anstatt Fähre umsonst nahmen sie sich ein Taxi. Selbst in die Helenenstraße verirrte sich eine Gruppe. Was dort zu sehen war? „Das sag‘ ich jetzt nicht“, winkte Geraldine ab.

Die Elterninitiative war auf die Idee gekommen, die Lehrer machten mit: Stadterkundung als „Ralley“. Und warum ihre Eltern sie nicht zur normalen Orientierungsstufe geschickt haben, drückte Hanna so aus: „Ich denke, die OS dürfte dööfer sein.“

K.W.

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