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FETTNAPF MIT GOLDRAND

■ Die Modewerkstatt in der Kongreßhalle

Was war einst nicht alles versprochen: Themen wie „Beuys“, „Memphis“, „Christo“ oder gar die „Malerei der Jungen Wilden“ sollten von 50 Modeschülern innerhalb von zwei Wochen bei der Modewerkstatt in der Kongreßhalle umgesetzt werden. „Bei der Umsetzung dieser Ideen in den Werkstätten geht es vor allem um einfache Schnittformen und Verarbeitungstechniken - es wird geknotet, drapiert, geschlitzt, gefaltet, gerafft und gewickelt. Hunderte Meter Stoff werden besprüht und bemalt“, tönte es bei der Projektierung extraavantgardistisch und alibikünstlerisch, wurde man doch nicht müde zu betonen, daß es sich auch bei Mode und Design um angewandte Kunst handele und diese ergo unbedingt ihr wohlverdientes schattiges Fleckerl im weiten E 88-Erlebnisraum der „Kunst im engeren Sinne“ (Hassemer) finden müßte.

Und, oh Schreck, das alles und sich selbst wollten die Studenten auch tatsächlich verwirklichen: „Die wollten alle Draht und Klorollen. Das war keine Fashion, was die machen wollten, sondern reines Kostüm, das war für mich total schockierend. Ich weiß gar nicht, wo die das herhaben“, entsetzt sich jetzt der Pariser Modeschöpfer Dietmar Sterling, Qualitätskontrollör, Chefinspirator und Flausenaustreiber in der Kongreßhalle, gefragt danach, „was Paris zu diesem Workshop sagt“. „Es ist ein wahnsinniger Streß, mit Studenten zu arbeiten“, klagt auch Prof. Susanne Schultz, Oberschneiderin und Projektleiterin. Den nimmt sie jedoch offenbar gern in Kauf, wenn es darum geht, den Nachwuchs nicht etwa für Hassemers Kunst, sondern Pieroths Wirtschaft zu konditionieren. Ein Hoffnungsschimmer am berufsperspektivischen Horizont: „Sie sind wahnsinnig fleißig, wahnsinnig diszipliniert. Aber es gab schon Probleme. Da sind welche angereist, die wollten um die Kongreßhalle herum zelten!!“ So durfte bei der Pressekonferenz auch keiner der Studenten teilnehmen. Schulzt: „Davon wurde nur abgeraten.“

Geblieben vom ursprünglichen Konzept sind jetzt also der überaus einfallsreiche, berufsjugendliche Titel „Hot Couture“ und so spannende Themen wie „Baby-Doll“ und „Abendrobe“, bei denen die nicht abgereisten 35 der ursprünglich 51 angereisten europäischen Studenten für ihre 100 DM Teilnehmergebühr (was die Gesamtkosten von 200.000 DM dank der studentischen 5.100 DM für den Kultursenat drastisch senkt) nicht etwa das „hemmungslose Experiment“ (Borngräber, Designwerkstatt) wagen sollen, sondern akkurat und pünktlich in neun Tagen in Gruppen zu jeweils dreien („Das Problem war die Individualität der Studenten“, Schultz) 15 exquisite Haut-Couture Modelle anfertigen sollen. Dies alles wohl, damit die ursprünglich als eher lockeres Abschlußfest geplante heutige Modenschau durch „ein qualitätsvolles Feuerwerk an stimmigen Bildern“ - wofür dann schon mal der eine oder andere unpassende Entwurf geändert werden mußte - das Hamburger Bahnhofs Dressaster wieder vergessen machen möge. Und wahrscheinlich auch, weil die 38 Sponsoren aus der „Deutschen Textilindustrie“ ihre zur Verfügung gestellten exklusiven Brokat-Stoffe sicher lieber als Abendkleider über den Laufsteg trippeln sehen, als sie mit Beuysschem Fett beschmiert in einer Ecke wiederzufinden.

Gabriele Riedle

„Hot Couture“, Modenschau zum Abschluß des Internationalen Fashion Workshops heute um 22 Uhr in der Kongreßhalle

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