: Hör-Funken: "Das Kinderzimmer", Hörspiel
(„Das Kinderzimmer“, Hörspiel, Sonnabend, NDR 3, 1705 1800) Ray Bradbury entdeckt in seiner Science-Fiction -Erzählung die technologischen Wunder künftigen Familienlebens, wo die Musterfamilie der Zukunft in einem Abkömmlung des Neckermann-Heims mit Namen „Lebensglückhaus“ wohnt und sich schlaraffenlandartig die Familienordnung täglich von allein herstellt: Tische decken sich selbst, Schnürsenkel binden sich freiwillig zu schönen Schleifen, und auch das Kämmen erledigen die Haare von selbst. Irritierendes Prunkstück ist aber das Phantasiefernsehen als das totale Medium, das jede Phantasie pünktlich realisiert. Es steht im Kinderzimmer, wie sich das für die technologische Wunderwelt gehört, und wenn die Kinder Afrika denken, breitet sich wie einst bei Herrn Grzimek der Krüger -Nationalpark aus, denken sie Löwe, ist schon derselbe los und faucht durch die häusliche Welt. Die lieben Kleinen denken aber auch an die Eltern, und zwar nicht auf die freundlichste Weise, so daß sich diese durchs totale Medium von Bedrohungen umzingelt finden, und so setzt sich in der Unheimlichkeit der Kinderzimmertechnologie die Unheimlichkeit des Familienlebens in ganz neuer Qualität fort.
(„Innerlich und machtgestützt“, Feature, Sonntag, WDR 3, 1430 - 1530) Ihre täglichen Blätter rauschen in Deutschland, von Deutschland und für Deutschland: die 'FAZ‘. Wer genau wissen will, welches Unbehagen an Deutschland der täglich druckfrische Konservativismus mit seinen chefkommentatorischen Indianertänzen um die Machtzentren auslöst, sollte sich täglich einmal durch das Politik-, Wirtschafts- und sonstige Weltbild dieses Zentralorgans des christlichen Abendlandes schlagen. Wem solches Blättern und Rauschen zu nervenaufreibend ist, kann sich Claus Kochs Hilfsdiensten überlassen, der es auf sich genommen hat, einige Wochen lang die 'FAZ'-Druckerschwärze bis auf den Grund ihres tiefsten Schwarz zu mustern und zum Ergebnis kam, daß die 'FAZ‘ konsequent wie keine andere Zeitung die Republik repräsentiere, und zwar vor allem deshalb, „weil sie die deutschen Zustände zumeist nicht ganz begreift, was natürlich heißt: sie nicht begreifen will“. Wie gut also, daß es sie gibt, die niemals ganz begreifliche 'FAZ‘ mit ihrer Tagesration deutscher Mißverständnisse.
up
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen