: Birma: Neue Partei - Uralte Garde
■ Mitglieder der neugegründeten „Liga für Demokratie und Frieden im vorsozialistischen Birma aktiv / Erster Schritt zum Mehrparteiensystem / Generalstreik führt zu Versorgungsengpässen / Verwaltung allerorts zusammengebrochen
Rangun (wps/taz/ap) - Die politischen Honoratioren des vorsozialistischen Birma gaben am Montag die Bildung eines 21 Mitglieder zählenden Komitees bekannt. Das Komitee unter dem Namen „Liga für Demokratie und Frieden“ wurde bei einer Veranstaltung unter Leitung des früheren Staatschefs Mahn Win Maung gegründet, der auch den Vorsitz der Liga übernahm. Offiziere, die 1962 an dem Putsch General Ne Wins beteiligt waren, dann aber mit ihm gebrochen hatten oder in Ungnade gefallen waren, schlossen sich der Liga an. Das erste Oppositionsbündnis neben der am Sonntag in Rangun gegründeten Studentenorganisation steht unter der Schirmherrschaft des ehemaligen Premierministers U Nu. Bis heute gilt der 81jährige als angesehener Staatsmann, obwohl es ihm während seiner Amtszeit nach der Unabhängigkeit von Großbritannien (1948-1962) nicht gelungen war, in dem Vielvölkerstaat ein stabiles Mehrparteiensystem zu installieren. Fünf Jahre nach Ne Wins Militärputsch ging U Nu nach Thailand ins Exil und formierte von dort aus eine Widerstandsbewegung. 1980 kehrte er unter dem Versprechen, sich nicht politisch zu betätigen, nach Birma zurück.
Wie es aus Rangun heißt, haben auch die ethnischen Widerstandsbewegungen, die bis heute die Grenzregionen des 30-Millionen-Staates kontrollieren, um eine Beteiligung an der neuen „Partei“ angefragt.
Die Liga will nach eigenen Angaben alles unternehmen, um die Probleme Birmas zu lösen, und danach streben, die „legitimen“ Forderungen der Demonstranten zu erfüllen, die seit Monaten gegen die 26 Jahre währende Einparteien -Herrschaft protestieren. Der 1976 wegen seiner Verwicklung in einen Putschversuch geschaßte Ex-General-Stabschef Tin Oo ist als Generalsekretär der neuen Partei vorgesehen. Er hatte er vor Demonstranten für die sofortige Bildung einer Übergangsregierung plädiert. Infolge des einwöchigen Generalstreiks ist es im Land zu schweren Versorgungsengpässen gekommen. Die sozialistische Regierung appellierte am Dienstag über den staatlichen Rundfunk an die Bevölkerung, lebenswichtige Verkehrsverbindungen wie die Eisenbahn wieder in Gang zu bringen, damit Lebensmittel und andere Versorgungsgüter wieder zu den Verbrauchern gelangen können. Während es in der Hauptstadt Rangun relativ ruhig blieb, berichteten Diplomaten von einem völligen Zusammenbruch der Verwaltungsstrukturen in den anderen Städten des Landes. Bürgerausschüsse hätten die örtlichen Verwaltungsaufgaben in die Hand genommen.
sl Kommentar auf Seite 4
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