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Drogen: Einstieg zum Ausstieg

■ Grüne fordern Soforthilfeprogramm für Drogenabhängige / Methadon nur „Baustein“ zu Auswegen aus dem Teufelskreis der Sucht / Zusätzliche soziale Hilfen nötig

„Helfen statt kriminalisieren“ - unter diesem Motto wollen die Bremer Grünen den Senat zu einem Sofort-Hilfeprogramm für Heroinabhängige auffordern. Gemeinsam mit Vertretern des Arbeitskreises „Kommunale Drogenpolitik“ und der „Bremer Aids-Hilfe“ stellten die Grünen gestern Maßnahmen vor, die Fixern in Zukunft die radikale, aber häufig verhängnsivolle Alternative „Therapieren oder Krepieren“ ersparen soll.

Zwischen 700 und 900 BremerInnen sind nach offiziellen Polizeistatistiken drogenabhängig. Die Dunkelziffer liegt wesentlich höher. Für viele Fixer kommt eine radikale Entziehungskur und ein „cleanes“ Leben danach nicht in Frage, andere haben Therapien angefangen und sind rückfällig geworden. Vor allem für sie suchen die Grünen Ergänzungen der bisherigen Hilfsangebote.

Nur eines davon soll, so die Forderung der Grünen, die kontrollierte Vergabe der Ersatzdroge „Methadon“ sein, die Entzugserscheinungen vermeidet, ohne jedoch berauschend zu wirken. Bislang wird Methadon in

Bremen nur an aids-erkrankte Fixer vergeben. Insbesondere Sozialsenator Henning Scherf hat sich in der Vergangenheit mehrfach entschieden dagegen ausgesprochen, das „gesellschaftliche Problem des Drogenmißbrauchs mit chemischen Mitteln“ zu bekämpfen.

Auch der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Horst Frehe, warnte gestern vor überzogenen Hoffnungen gegenüber einem Methadon-Programm. Aids-Hilfe-Mitarbeiter Rüdiger Schumann: „Methadon ist kein Wundermittel, das alle Drogenprobleme mit einem Schlag löst. Es kann aber für Ausstiegswillige den Teufelskreis 'Sucht - soziale Verelendung - Kriminalität‘ durchbrechen.“

Ebenso wichtig wie die legale Vergabe von Methadon durch niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser und Gesundheitamt sind für die Grünen deshalb zusätzliche soziale Hilfen für Drogenabhängige. Zusätzlich zur kontrollierten Vergabe von Methadon sollte der Senat in Zusammenarbeit mit den kommunalen Wohnungsbauunternehmen ein

Programm zur Wohnungs Vermittlung für Drogenabhängige auflegen. Darüberhinaus sollen obdachlosen Fixern kurzfristig Übernachtungsmöglichkeiten in einem Wohnheim zur Verfügung gestellt werden. Ein öffentliches Drogen-Cafe soll nicht nur hygienische Möglichkeiten (saubere Spritzen, Desinfektionsmittel) für einen „Schuß“ ohne Aids -Ansteckungsgefahr, sondern auch warme Mahlzeiten anbieten. Die „diskriminierende“ Einrichtung einer Sonderabteilung des Sozialamtes für Drogenabhängige wollen die Grünen dafür aufgelöst wissen. Auch die Abschiebe-Sonderbehandlung von Drogenabhängigen in Krankenhäusern soll aufgehoben und alle bremischen Krankenhäuser zur stationären Versorgung Drogenabhängiger verpflichtet werden. Frehe: „Wir wissen, daß all das nicht ohne Geld und vor allem nicht ohne zusätzliches und qualifiziertes Personal geht. Aber wir wollen keine Billiglösung, sondern ein Konzept, das die gescheiterte Politik der Kriminalisierung und Verelendung von Fixern ablöst.“

K.S.

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