: Zahlt Bonn an Todesschwadrone?
Grüne Bundestagsabgeordnete Ellen Olms: Bundesdeutsche Gelder fließen an salvadorianisches Militär / Der ermordete Schweizer Jürg Weis wurde vor seiner Erschießung gefoltert ■ Von Till Meyer
Berlin (taz) - Schwere Vorwürfe gegen die Entwicklungshilfepolitik der Bundesregierung für El Salavador erhob gestern die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Ellen Olms. Anlaß zu ihrer Pressekonferenz in Berlin war die Ermordung des Mitarbeiters der Schweizer Solidaritätbewegung für El Salvador, Jürg Weis, am 22.August. Frau Olms, die vom 11.bis 26.August im Auftrag des Bundestagsausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit sechs weiteren Abgeordneten aus SPD und FDP El Salvador besucht hatte, warf der Bundesregierung „direkte Unterstützung des terroristischen Duarte-Regimes“ vor. So sei der Verbleib von 7 Millionen DM, die dem Duarte-Regime für die medizinische Versorgung bewilligt wurden, unklar. Erfahren habe die Bundestagsdelegation dann, daß dieser Betrag nachweislich in den Kanälen der Militärs versickert ist. Ein von der Bundesregierung mit 30Millionen finanziertes Krankenhaus sei nicht einmal zur Hälfte fertiggestellt und würde jetzt das Doppelte kosten. „Auch hier“, so die Abgeordnete, „fließen die Gelder wohl mehr in die Taschen der Oligarchie, als daß sie dem Volk zugute kommen.“
Der Schweizer Arzt Jürg Weis war in Begleitung zweier salvadorianischer Bauern auf dem Weg zu einem kurz zuvor bombardierten Dorf erschossen worden. Das salvadorianische Militär behauptete, „der Schweizer sei ein Kontaktmann zur Guerilla gewesen“. Nach Informationen von Ellen Olms wurde Weis um 15 Uhr festgenommen , aber erst um 17 Uhr erschossen. Jürg Weis war, wie die Europäische Solidaritätsbewegung erklärte, ausschließlich in humanitärem Auftrag unterwegs. Seine Leiche wies Spuren schwerer Folter auf. So war sein Körper vom unzähligen Machetenhieben übersät und sein Kopf von Kugeln entstellt.
Nach dem Sieg der faschistischen Arena-Partei soll offensichtlich gegen die internationale Solidaritätsbewegung vorgegangen werden, das berichten gerade aus El Salvador zurückgekehrte Mitarbeiter der europäischen Solidaritätsbewegung. Demnach werden in der Rechtspresse des Landes die „Internationalistas“ angegriffen und als „Terroristen“ verleumdet. Seit Anfang August wurden 20 Europäer verhaftet und des Landes verwiesen.
Die Salvadorianische Menschenrechtsorganisationen betonen, daß sich seit dem Sieg der Arena-Partei der Terror gegen die Bevölkerung verschärft habe. Allein im Monat Juli sind 50Menschen ermordet worden und 39 verschwunden. Der Dachverband der Salvadorianischen Gewerkschaft UNTS beschuldigt die Polizei des Landes „des vorsätzlichen Mordes an Jürg Weis“. Auch die Befreiungsfront Farabundi Marti bezichtigte die Polizei des „heimtückischen Mordes“ an dem Schweizer. Die Abgeordnete der Grünen forderte von der Bundesregierung jede Art von Entwicklungshilfe für das Regime einzustellen und dem Beispiel Frankreichs und Mexikos zu folgen und die FMLN als „einzige legitime Vertreterin des Salvadorianischen Volkes anzuerkennnen“.
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