: Wenn der Stamm mit dem Apfel...
■ BREMINALE Kinderprogramm: Ein Vater ging mit seinem Sohne über die Kinder-Weser-Wiesen und fand das Ganze alles in allem dann doch recht amüsant
Der Apfel fällt vom Stamm - aber wie weit? Könnte es sein, daß sich die Skepsis so mancher Erwachsener gegenüber der diesjährigen Breminale auf ihre Kinder überträgt? Oder dienen auch solche alternativen Kulturfeste eher dem Abschieben der Kinder auf die Spielwiese, damit die Eltern endlich mal in Ruhe Kaffee trinken, ein Pläuschchen halten oder sonstigen Verlustierungen nachgehen können? Oder sich zu
mindest keine kreativen Gedanken über die Gestaltung des Wochenendes machen müssen?
Unlautere Fragen für ein Kinderprogramm? Aber wenn über jeden Kulturfurz für Erwachsenen gestritten und gerechtet wird, und das auch noch öffentlich, wieso soll diese kritische Haltung denn dann für diesen quantitativ ja ziemlich bedeutsamen Teil des Spektakels an der Weser nicht gelten?
Schließlich sollen unsere Kinder ja mal die Breminale -Besucher von morgen werden, oder?
Und um das zu üben, war die Kinder-Rock-Revue von Majanne Behrens & Co. gerade das Richtige. Wenn schon die Eltern sich dauernd die Dezibel tonnenweise um die Ohren hauen lassen - und das unverschämterweise immer erst abends, wenn die Kleinen schon im Bett sind -, warum dann nicht auch mal 'ne richtige Dröhnung für die Kleinen?
Früh übt sich, und schön schräg war es ja auch, so, wie es sich für Szene-Kinder gehört.
Und besonders sympathisch war, daß sich kaum einer an die vorgegebene Altersempfehlung
gehalten hat: Von wegen ab acht! Das mit der Zensur könnt Ihr gleich vergessen, Ihr Alten. Gerade die Jüngeren waren hin und weg, haben richtig Bauklötze gestaunt - vielmehr „Playmo“, wie es heute heißt.
Über „Flügeli Rosinchen“ kann ich leider nichts schreiben, aber Puppentheater ist sowieso fast immer toll, und immerhin hatte mein Sohn auch nur ein ganz klein bißchen Angst - und das will schon was heißen, denn schließlich mußte ich ihn wegen dringender samstäglicher Erwachsenengeschäfte dort ganz allein zurücklassen. Was auch prima geklappt hat: Ich fand ihn hinterher am verabredeten Ort. Die Söhne und Töchter finden sich also leicht zurecht auf der Breminale.
Und das mit der Kinderolympiade war doch auch eine recht fetzige Idee. Zwar konnte ich meinen Sohn trotz aller Bemühungen nicht zur Teilnahme bewegen, aber wo gibt es schon so freakige Disziplinen wie Pflaumenkern-Weitspucken?
Und es kommt ja noch besser: Jetzt können wir Großen wenig
stens mit etwas mehr Verständnis rechnen, wenn wir uns nach Seoul-durchwachten Nächten am nächsten Morgen noch schwerfälliger aus dem Bett wälzen als normalerweise schon. Da muß irgendwo ein Pädagoge in der Breminale-Crew sitzen.
Der Höhepunkt war für mich „Die kleinste Bühne der Welt“. Und das nicht nur wegen der wirklich mit viel Phantasie in Szene gesetzten Stücke, die gekonnt auf das Wesentliche reduziert waren: Zum Beispiel „Robinson Crusoe“ frei nach Daniel Defoe und „Der rote Freibeuter“, ganz besonders frei nach James Fenimore Cooper - nein: Das Ganze fand auch noch auf dem Schiff statt, erster Akt hin - zweiter Akt retour. Das war so richtig naturalistisches Theater.
Also im Ernst:
Ich habe mich bei manchen Sachen echt prächtig amüsiert, und die anderen Eltern auch, soweit ich das beurteilen kann. Und deshalb fiel es mir auch gar nicht mehr so schwer, daß ich abends auf Erwachsenenprogramm verzichten mußte wegen Beaufsichtigung meines Kindes.
JüS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen