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Im Kleinen sollen die Frauen wirken

■ Am Wochenende fand in Berlin die Norddeutsche CDU-Frauenkonferenz zum Thema Umweltschutz statt / Einführungsreferate von Diepgen und Töpfer / Die kosmetische Behandlung der Haut als Umweltthema für Frauen

„Und um das Auto herum befindet sich die Karosserie. Das Auto ist für viele Status- und Sexsymbol, aber das gehört leider nicht zu meinem Thema, meine Damen“, witzelte der Referent Professor Stüttgen vor einem vollen Saal der fünften Norddeutschen CDU-Frauenkonferenz zum Thema Umweltschutz im Berliner Hotel Steglitz.

Die CDU-Frauen aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Berlin, die sich alle fünf Jahre zur norddeutschen Frauenkonferenz der CDU treffen, nutzen dankbar diese Lachpause. Denn in Vorträgen und Arbeitsforen wollen die CDU-Frauen ihre „Beziehung zu Umwelt und Kosmos“ hergestellt wissen.

Prof. Stüttgens gewichtiges Thema ist die Zerstörung der Fettschicht der Haut durch Seife. Und um die CDU-Frauen bei seinen langwierigen Erklärungen über die Fettproduktion der Haut bei der Stange zu halten, erfolgt die Aufforderung: „Hören Sie gut zu, denn schließlich geht es um die Zukunft Ihrer kosmetischen Behandlung der Haut.“ Womit es im Forum I der Frauenkonferenz - Thema: Ernährung/Reinigung - gelungen ist, deutlich zu machen, worum es der CDU geht, wenn sie Umwelt zum Frauenthema erklärt. „Im Kleinen sollen wir wirken“, sagte mir eine CDU-Politikerin gleich zu Beginn der Konferenz so treffend.

Rund 180 Frauen hatten sich zur CDU-Frauenkonferenz eingefunden. Allerdings, mit Ausnahme einer Referentin „Frau Glücklich, dahinten sitzt sie“ - nur als Statistinnen und Claqueurinnen. Aber - es geht schließlich auf den Wahlkampf zu - ein bißchen wichtig nimmt man die Frauen doch. Und so bedankt sich Hanna Laurien bei Eberhard Diepgen, daß er trotz seines „dichtbesiedelten Terminkalenders“ gekommen ist.

Umweltminister Töpfer erntet Applaus, als er zugibt, sich an die Anrede „meine Damen“ erst gewöhnen zu müssen, und es dann im Laufe seiner Rede auch schafft. Die Ausrede, es sind doch einige wenige Herren da, zieht nicht. Denn trotz des kessen Zwischenrufes einer CDU-Frau „überall da, wo es grauer wird“, sind Männer als Zuhörer nicht zu entdecken.

Eine diffuse Oppositionshaltung der Berliner CDU-Frauen ist bei sensibler Beobachtung zu spüren: als Töpfer auf die WAA in Wackersdorf zu sprechen kommt, bleibt es in der Berliner Ecke merkwürdig still.

Warum einige Berliner CDU-Frauen in der konservativen Haltung zum Umweltschutz „Bewahren und schützen“ brüchiger geworden sind, erfahre ich später bei Lachs und Wein am Buffet: Während die Krefelder Bürgermeisterin noch ganz ungebrochen ist - ihr Sohn ist mit 25 Jahren ausgezogen („Also muß doch etwas an der Erziehung gut gewesen sein“) haben es einige Berliner Frauen mit aufmüpfigen und „emanzipativ bewegten“ Töchtern zu tun: Frau Guss hat sich aus der Berliner CDU-Parteiarbeit zurückgezogen. Sie will bei ihrer Tochter „die sensiblen Zwischentöne beobachten“, dazu brauche sie Zeit und könne den Anforderungen des Wahlkampfes nicht gerecht werden.

Sie meint - und mit dieser Meinung steht sie bei den CDU -Frauen nicht allein - die CDU-Frauen hätten den Umweltschutz schon lange entdeckt, nur an der Durchsetzung habe es gefehlt. Als Grund dafür nennt sie die CDU -Familienideologie: „Durch Familie und Kinder erfahren die Frauen deutlicher die Folgen der Umweltverschmutzung.“ Auf das Ausbaden männlicher Politik und die Doppelbelastung angesprochen, besänftigt sie: „Frauen sind das starke Geschlecht, sie können einfach mehr leisten als Männer.“

Am Rande der CDU-Frauenkonferenz sind allerdings auch einige ungeduldige, mäkelnde Stimmen zu hören, die kühn kichern und protestieren, als Diepgen „mehr Frauen auf der Abgeordnetenhausliste“ fordert. Ganz vorne sitzt die „Steglitzer Mafia“ - wie sie sich selbst nennen. Ich frage Hanna Harzig (CDU) und Hildegard Handke (FDP), was sie sich von dem Frauenkongreß erwarten: „Mit der Frauengeschichte, daß das hier endlich mal weitergeht.“

Beide sind in Steglitz mit dem Thema Aussiedler- und Behindertenbetreuung beschäftigt. Während die CDU -Bezirksverordnete Frau Harzig ihr Anliegen bescheiden verklausuliert: „Die Männer kümmern sich um die große Politik, aber die Parkbänke sind auch wichtig“, spricht die FDP-Fraktionsvorsitzende endlich mal Klartext: „Zum Arbeiten sind die Frauen gut genug. Die Sozialarbeit, die können wir machen. In der nächsten Legislaturperiode gibt es in der Steglitzer FDP keine Frauen mehr. Da werden Sie die Männer nicht los, die können Sie höchstens erschießen, bei so einer kleinen Partei.“

Gitta Düperthal

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