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Schöne Christen-betr.: "Gauweiler als Saubermann der Nation", taz vom 30.8.88

Betr.: „Gauweiler als Saubermann der Nation“

taz vom 30.8.88

Wegen „Vermögenslosigkeit“ und „zustellunfähiger Adresse“ sind Bußgeldbescheide wirkungslos, deshalb: Knast!

Armut ist jetzt schon strafbar. Wo kämen wir da auch hin, wenn in unserer durchgestylten Wohlstandsgesellschaft jeder sich ohne Geld aufhalten könnte, wo es ihm gerade behagt. Wahrscheinlich sind diese Wohnsitzlosen sowieso allesamt verkappte Terroristen.

Daß die Wohnsitzlosigkeit mit steigender Massenerwerbslosigkeit steigt, ist doch bestimmt Zufall. Da die Erwerbslosenzahlen nach Auskunft des Ifo auch in den nächsten Jahren steigen werden - und die Betroffenen sicherlich die Gemeinheit besitzen werden, nicht sang- und klanglos aus dem Leben zu scheiden, werden einige, vielleicht viele von ihnen, Dauerurlaub von ihren Wohnungen nehmen und sich auf der Straße rumlümmeln - aus purer Bosheit, nur um Gauweiler und Co zu ärgern.

Übrigens geht mit der zunehmenden Verarmung auch ein Anstieg der Tbc-Erkrankungen einher. Sollte man sich für diesen Personenkreis nicht auch eine Sonderbehandlung ausdenken?

Das sind mir schöne Christen, erst werden Menschen ins Abseits gedrängt - und dann auch noch dafür bestraft. Mit dieser Methode machen Gauweiler und Co aus Opfern dankbare Opfer. Alle die, die erwerbslos sind und noch ein Dach über dem Kopf haben, werden dankbar sein, daß sie noch keiner Sonderbehandlung unterworfen werden und nicht durch die Städte - und aus ihnen hinaus gejagt werden.

Seien wir wachsam und wehren uns täglich! Machen wir diesen Christen einen Strick durch ihre Rechnungen, verhindern wir ihre Pläne!

R.-E Rückert, Sozialtherapie Frankfurt e.V./Aktion Erwerbsloser Frankfurt, Sprecher der hessischen Erwerbsloseninitiativen

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