: Bürgschaft für Todeskandidaten
Prominente erklären sich zu „persönlichen Bürgen“ für chilenische Oppositionelle / Asyl für Todeskandidaten soll durchgesetzt werden / Bürgen wollen „Sicherheitsbedenken“ entkräften ■ Aus Bonn Charlotte Wiedemann
Um endlich die Aufnahme von 15 chilenischen Todeskandidaten in der Bundesrepublik durchzusetzen, haben sich 15 Prominente zu „persönlichen Bürgen“ der inhaftierten Oppositionellen erklärt. Zu der Initiative, die von dem früheren Generalsekretär von amnesty international (ai), Helmut Frenz, ins Leben gerufen wurde, gehören unter anderen der Hamburger Verfassungsschutz-Chef Christian Lochte (CDU) und der ehemalige Innen-Staatssekretär Jürgen Schmude (SPD), der Präsident des Kirchlichen Außenamts der Evangelischen Kirche, Heinz Joachim Held, die Ex-Senatorin Helga Schuchardt sowie mehrere Richter und Staatsanwälte sowie die DGB-Vorstandsfrau Ilse Brusis.
Wie Frenz gestern in Bonn erläuterte, wollen die Bürgen vor allem die „Sicherheitsbedenken entkräften“, die Innenminister Zimmermann weiterhin gegen die Asylgewährung ins Feld führt. Diese Besorgnis habe sich schon in den 70er Jahren, als sie zur SPD-Regierungszeit gegen chilenische Asylsuchende eingewandt wurde, durch „nichts bestätigt“, meinte der damalige Staatssekretär Schmude gestern. In einem Brief an die „Deutsche Kommission für Menschenrechte in Chile“ (Mit-Initiatorin der Bürgschafts-Aktion) bestätigt auch der VS-Mann Lochte, daß Sicherheitsprobleme ausgeschlossen werden könnten.
Die politisch günstige Situation vor dem Plebiszit in Chile müsse nun ausgenutzt werden, forderte Helga Schuchardt. Helmut Frenz: „Die Zeit drängt.“ Es könne nicht länger hingenommen werden, daß ein Jahr nach der Bundestagsdebatte über die Chilenen immer noch „kein Handlungsbedarf“ gesehen werde. Auch lebenslange Haft, zu der vor kurzem drei der chilenischen Gefangenen verurteilt wurden, komme unter chilenischen Bedingungen „einem Todesurteil gleich“. Überdies ist nach Informationen von ai gegen dieses Urteil seitens der Militärstaatsanwaltschaft Revision eingelegt worden. Angehörige der Todeskandidaten bekamen erst vor wenigen Wochen schriftliche Morddrohungen einer Todesschwadron ins Haus geschickt.
Die 15 Bürgen verstehen ihre Aktion nicht als Patenschaft in juristischem Sinne, sondern als „politisch-humanitäre Willensbekundung“. Durch eine ähnliche Initiative in den siebziger Jahren konnte damals die Einreise von Chilenen erwirkt werden. Mittlerweile haben sich auch die Bürgermeister von elf Städten zur Aufnahme der Todeskandidaten bereiterklärt. Ein prominenter Bürge fehlt allerdings auf der Liste: der Chile-Reisende Norbert Blüm.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen