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Keine Akteneinsicht

■ Der Anwältin eines im Hochsicherheitstrakt verstorbenen Häftlings wird Einsicht in Krankenakte verweigert / Strafbare Unterlassung der Anstalt?

Den Verdacht, daß die Haftanstalt Moabit „etwas zu verbergen“ hat, hat jetzt die Anwältin eines 27jährigen Gefangenen geäußert, der im Mai im Moabiter Hochsicherheitstrakt gestorben war. Die Haftanstalt, vertreten durch den Sicherheitsbeauftragten Astrath, hatte der Anwältin die Einsicht in die Krankenakte des Verstorbenen verwehrt.

Der zuvor am Bein operierte Gefangene war zwei Tage vor seinem Tod aus dem Haftkrankenhaus in den Trakt verlegt worden, wo er beim Hanteltraining an Herzversagen starb. Der Obduktionsbefund war von einem Gutachter als „beginnende Herzmuskelentzündung“ gedeutet worden. Seine Anwältin, Renate Künast, verwies gestern darauf, daß ein Großteil der Todesfälle in Haft auf Herzprobleme zurückzuführen sei. Mit ihrem Antrag auf Krankenaktensicht, so Künast, habe sie ermitteln wollen, ob es bei ihrem Mandaten schon früher Anzeichen für eine Erkrankung gab und ob „ein strafbares Unterlassen“ durch die Anstalt vorliegt.

Justizsprecher Christoffel bestätigte, daß die Einsicht in die Akte von der Haftanstalt mit der Begründung verweigert worden war, daß kein rechtliches Interesse vorliege. Eine Einsichtnahme sei nach dem Strafvollzugsgesetz nur möglich, wenn „konkrete Anhaltspunkte für Behandlungsfehler vorliegen“. Die Anwältin habe ihren Antrag jedoch nicht in diesem Sinne begründet.

Wie Christoffel auf Nachfrage erklärte, wurde mit der Renovierung des seit Anfang August leerstehenden Traktes noch nicht begonnen. Derzeit werde geprüft, welche Arbeiten notwendig seien. Die Kosten seien „sehr gering“, weil die Arbeiten von anstaltseigenen Betrieben ausgeführt würden. Die AL wird auf der heutigen Parlamentssitzung des Abgeordnetenhauses die sofortige Schließung und den Abriß des Hochsicherheitstrakts fordern.

plu

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