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Kein Abriß unter dieser Nummer

■ Überraschender Sinneswandel bei den Eigentümern der Reichenberger Straße 63a: Das gerichtlich als „Abrißobjekt“ bestätigte Gebäude soll jetzt instandgesetzt werden / Dem Kreuzberger Bezirksamt liegt ein entsprechender Antrag vor

Eine überraschende Wende hat der Fall des umstrittenen „Abrißobjektes“ Reichenberger Straße 63a in Kreuzberg genommen: Nachdem die Eigentümer nach einem zähen Rechtsstreit im Februar dieses Jahres die Abrißgenehmigung erfochten hatten, stellten die Eigentümer Heymann&Kreuels jetzt wider Erwarten beim Bezirksamt einen Antrag auf Modernisierung und Instandsetzung. Vom Abriß ist damit keine Rede mehr.

Der Verein SO36 wertete den nun nähergerückten Erhalt des Hauses als Erfolg des politischen Drucks, dem sich auch der Senat nicht habe entziehen können. Das Haus war in den letzten Jahren mehrmals besetzt und wieder geräumt worden, der Senat hatte - ergebnislos - angekündigt, es kaufen zu wollen, um diesen „Unruheherd“ aus der Welt zu schaffen. Offensichtlich sei man, so der Vereinsvertreter weiter, beim Bausenator nicht bereit gewesen, die von Heymann&Kreuels gewünschte Neubausubventionierung zu befürworten.

S.T.E.R.N.-Mitarbeiter vermuteten schon vor Monaten, Heymann&Kreuels seien von interessierten Kreisen der Wohnungswirtschaft gedrängt worden, unabhängig von der Zukunft des Hauses dieses Abrißurteil zu erstreiten, das als Präzedenzurteil gilt. Am 18.Februar dieses Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht dieses Urteil gefällt, mit dem ein zehnjähriges Rechtsstreit zwischen Heymann&Kreuels und dem Land Berlin zu Ende gegangen war.

In der Urteilsbegründung war das OVG damals der Argumentation der Eigentümer gefolgt, daß mit dem Haus im Falle einer Modernisierung in den nächsten zehn Jahren keine Rendite zu erwirtschaften sei und zugleich darauf hingewiesen, daß es Heymann&Kreuels nicht zuzumuten sei, dafür öffentliche Gelder zu beantragen. Für die Firma erklärte Dr.Kreuels auf Anfrage, bis jetzt sei erst der Antrag auf Modernisierung gestellt, entschieden darüber werde gegen Ende September. Man sei dabei, mit dem Land Berlin finanzielle Bedingungen auszuhandeln, mit denen beide leben könnten.

Im Bezirk hieß es, man werde den Antrag, der „relativ hohe Kosten“ enthalte, vorrangig prüfen und ihn vielleicht sogar noch ins Modernisierungsprogramm für 1988 aufnehmen. Dies wurde von der Senatsbauverwaltung bestätigt. Der Antrag bezieht sich nicht nur auf das Vorderhaus und den Seitenflügel, wo der Bezirk dringend notwendige Umsetzwohnungen einrichten will, sondern auch auf die Fabriketage dahinter, für die eine „Nutzung für den Kiez“ im Gespräch sei.

esch

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