West-Berlin im Zeichen der Weltbank

■ Berliner CDU, FDP und SPD heißen Banker schon jetzt herzlich zur geplanten IWF-Tagung in West-Berlin willkommen / IWF und Weltbank gaben Vorbereitungs-Pressekonferenz / Willy Brandt will reformieren

Berlin (taz) - Einmütig willkommen hießen die Fraktionen von CDU, FDP und SPD-Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus gestern die Tagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank Ende September in West-Berlin. Die Stadt müsse die Chance nutzen, sich als „Ort des Dialogs“ zu präsentieren, erklärte der Regierende Bürgermeister Diepgen (CDU). Die Tagung sei für Berlin nicht nur eine politische sondern auch eine Chanche für die „Dienstleistungsmetropole Berlin“. Diepgen räumte ein, daß nicht alle Projekte des IWF sich „zum Segen der Völker“ entwikkelt hätten. Ein genereller Schuldenerlaß sei aber weder „möglich noch hilfreich“. Für einen weiteren Schuldenerlaß für die ärmsten Länder sprach sich der SPD Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat für die nächsten Abgeordnetenhauswahlen Momper aus.

Mit Blick auf die geplanten Gegenveranstaltungen von Kritikern des IWF mahnte Momper Berlins Innensenator Kewenig (CDU) „Augenmaß und Vernunft“ walten zu lassen. Eine deutliche Absage erteilte Momper all denjenigen, die „Argumente durch Gewalttaten ersetzen wollen“. Die Alternative Liste, die sich an der Vorbereitung der Gegenaktionen zum Weltbankkongreß beteiligt, wandte sich entschieden gegen alle Strategien von Umschuldung und Teilschuldenerlassen. Nur eine umfassende und globale Schuldenstreichung könne als „erster Schritt in die richtige Richtung“ gelten, forderte die Abgeordnete Nitz-Spatz. Heftige Kritik übte sie an der SPD, weil diese sich an einer gemeinsamen Erklärung von CDU und FDP angeschlossen hat. Damit bewiesen die Sozialdemokraten wieder einmal, daß sie „keine Solidarität mit der 3.Welt üben, sondern eine Große Koalition auf dem Rücken dieser Völker anstreben“.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von IWF und Weltbank ebenfalls gestern in West-Berlin erklärte unterdessen „Chief Information Officer“ Hellmut Hartmann, der IWF freue sich schon auf die Auseinandersetzungen in Berlin anläßlich seiner Jahrestagung. Man sei bereit, über alle Punkte, die Weltbank und IWF vorgeworfen würden, zu diskutieren, und im Zweifel die Anregungen in die eigene Politik einfließen zu lassen.

Immerhin: für die Weltbank sind die „Anregungen“ der Kritiker zumindest in die Themenauswahl der anstehenden Konferenz eingeflossen. Die Linderung der Armut sowie die Umweltproblematik und das Thema Frauen und Entwicklung stehen laut Informationsdirektor der Bank, Frank Vogl, Ende September auf der Tagesordnung. In all diesen Fragen wolle man sich auch noch stärker als bisher bemühen, mit Nichtregierungsorganisationen (NRO oder auch NGO) zusammenzuarbeiten. Umweltfragen genössen im übrigen für Weltbankchef Barber Conable seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren „höchste Priorität“ - was dieser allerdings bei seiner letztjährigen Abschlußpressekonferenz in Washington mit keinem einzigen Wort zum Ausdruck brachte.

Vogl freute sich im übrigen darüber, daß die Weltbank nach der letzten Kapitalerhöhung um 74 Milliarden auf jetzt 171 Milliarden Dollar, die am 1.4. in Kraft trat, nunmehr Kreditzusagen von rund 20 Milliarden Dollar pro Jahr geben kann.

Geld kommt aber auch von denen herein, für die es eigentlich gedacht sein sollte: Die Weltbank mußte eingestehen, daß die 17 am höchsten verschuldeten Länder im laufenden Jahr 1,2 Milliarden Dollar mehr an Kreditrückzahlungen leisteten, als sie an Neuauszahlungen erhielten.

Hellmut Hartmann kündigte an, daß für den IWF als Verhandlungsthema vor allem die neunte allgemeine Quotenerhöhung anstünde. 85 Prozent der Stimmen wären dafür erforderlich. Bislang haben sich die Bundesrepublik und die USA (zusammen knapp 25 Prozent der Stimmen) gegen die Erhöhung ausgesprochen, die den verschuldeten Ländern höhere Kreditmöglichkeiten einräumen würde.

Für eine Reform von IWF und Weltbank sprach sich gestern Willy Brandt, der Vorsitzende der Sozialistischen Internationale (SI), aus. Es könne nicht ernsthaft darum gehen, diese Institutionen zu „zerschlagen“, doch sei die Kritik an ihnen teilweise berechtigt, sagte er gestern anläßlich der Tagung der SI-Wirtschaftskommission im Berliner Reichstagsgebäude. Der SI-Ausschuß berät über Alternativen zur Lösung der Schuldenkrise und will seine Ergebnisse heute vorstellen.

bf/ulk/chris