CSU mischt sich in Schöpfung ein

Kongreß der CSU zu Gentechnologie und künstlischer Fortpflanzung / Theologe versucht, Delegierte vor Glaubensproblemen zu schützen / Embryonenforschung bringt CSU in Bredouille  ■  Aus München Luitgard Koch

„Werden Phantasieprodukte wie die eierlegende Wollmilchsau ebensobald Wirklichkeit wie die geklonten virenresistenten Arbeitssklaven für Spezialkliniken?“ Mit dieser Frage konnte der Ex-Landeschef der Jungen Union Alfred Sauter die rund 300 Delegierten, darunter etliche Frauen, auf dem CSU -Kongreß zur Gentechnologie und Fortpflanzungsmedizin nicht mehr schockieren. Am Ende der Tagung am vergangenen Wochenende in München waren sie zwar „nachdenklich“, wie ihre Oberen von Justizministerin Berghofer Weichner bis Staatskanzleichef Stoiber beruhigt feststellten, aber auch mit Wissen um die Vorteile der neuen Technologie versorgt, so etwa für die Krebsforschung oder zum Umweltschutz.

Damit das brisante Thema Gentechnologie die Delegierten nicht in Glaubensprobleme stürzt, wurde auch der religiöse Background durchgestylt. Nicht nur Bewahren und Erhalten der Schöpfung sei die Aufgabe des Menschen, machte der evangelische Theologe Hans Schwarz von der Universität Regensburg den Anwesenden in dem Kongreß-Arbeitskreis „Von der Zeugung zur Erzeugung des Menschen“ klar. Nein, vielmehr sei es der Auftrag der „gottbezogenen Wesen, an der Schöpfung mitzubauen“. Für den Uniprofessor gab es keinen theologisch triftigen Grund, in der wissenschaftlich -technischen Analyse, Veränderung und Gestaltung werdenden Lebens ein grundlegendes Tabu zu sehen. „Die gute Schöpfung Gottes verbessern“, gab er den Delegierten als Leitfaden mit auf den Weg.

Sanfter Druck, was die Freigabe der Embryonenforschung angeht, kam von seiten der Wissenschaftler. So forderte die Professorin Helga Rehder von der Universität Lübek, die Entscheidung dagegen noch einmal zu überdenken. Ihr Argument: die Krebsforschung könne davon profitieren. Eine Akzeptanz der Embryonenforschung brächte die Konservativen jedoch in arge Bedrängnis. Denn damit eng verbunden ist die Frage nach dem Beginn des individuellen Lebens und seiner Schutzbedürftigkeit. Gibt die CSU hier nach, ist ihre restriktive Abtreibungspolitik kaum mehr zu rechtfertigen. Derzeit jedoch steuert die CSU-Spitze, allen voran Justizministerin Berghofer-Weichner, noch heftig dagegen. Auch wenn von den Frauen an der CSU-Basis - wie eine junge Frau auf der Tagung - schüchtern der Versuch unternommen wird, das Thema Abtreibung bei sozialer Indikation zumindest anzudenken.