Grünes Licht für Straßenkunst

Mannheimer Verwaltungsgerichtshof entschied: Straßenkunst ist weder „erlaubnispflichtig“ noch fällt sie unter das Ladenschlußgesetz / Heidelberg muß sich über Grundrecht auf Freiheit der Kunst belehren lassen  ■  Aus Karlsruhe Rolf Gramm

Für Straßenkünstler brechen nach einer Entscheidung des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs jetzt bessere Zeiten an. Grundsätzlich bedarf ihre Tätigkeit nach dem Urteil keiner besonderen Erlaubnis mehr. Schikanen von Stadtverwaltungen gegen ihre Darbietungen werden nun schwerer.

Die höchsten baden-württembergischen Verwaltungsrichter stellten in dem am Freitag veröffentlichten Urteil fest: Künstlerische Betätigung ist kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung und fällt damit auch nicht unter die Regelungen des Ladenschlußgesetzes. Solange ein Künstler also nicht - beispielsweise durch besondere Lautstärke andere in schwerwiegender Weise in ihren Rechten verletzt, gilt seine Tätigkeit als erlaubnisfreier „Gemeingebrauch“. Eine erlaubnispflichtige Sondernutzung besteht nach Auffassung der Richter nicht, wenn die Tätigkeit des Künstlers andere Bürger nur geringfügig beeinträchtigt. Das Grundrecht auf Freiheit der Kunst schützt dabei nicht nur die Herstellung, sondern auch den Verkauf der Werke.

Belehren lassen über die hohe Bedeutung des Grundrechts auf Kunstfreiheit mußte sich der Heidelberger Oberbürgermeister Reinhold Zundel. Das Gericht gab der Klage einer Frau statt, gegen die das Heidelberger Amt für öffentliche Ordnung mehrfach Bußgeldbescheide verhängt hatte, weil sie ohne Sondernutzungserlaubnis in der Heidelberger Fußgängerzone Scherenschnitte hergestellt und verkauft hatte.

Während die Stadtverwaltung dieser Tätigkeit allgemein den Kunstcharakter absprechen wollte, bekräftigte das Gericht, daß es sich auch dabei um eine freie künstlerische Tätigkeit handle. Die Richter verwiesen darauf, daß die grundgesetzliche Garantie der Kunstfreiheit nur bei einer weiten Auslegung des Kunstbegriffs gewährleistet sei, die nicht durch „wertende Einengungen“ eingeschränkt werden dürfe. Für eine Bewertung als Kunst sei nicht die Frage nach dem Anteil „eigenschöpferischer“ Gestaltung an einem Werk entscheidend. Vielmehr handle es sich dann um Kunst, wenn überhaupt eine schöpferische Gestaltung vorliege. (AZ: 14 S 689/87)