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Gutachten zu positiv

■ Ein von der Familiensenatorin in Auftrag gegebenes Gutachten zur Pflegschaft von Kindern durch homosexuelle Eltern wird vorerst nicht veröffentlicht

Bereits seit Anfang Juli liegt das von der Familiensenatorin Schmalz-Jacobsen angekündigte und dem renommierten Psychologen Helmut Kentler in Auftrag gegebene Gutachten über schwule Pflegeväter vor. Es war als wissenschaftliche Entscheidungshilfe bei der Frage, in wie weit sich Homosexuelle als Pflegeeltern eignen, gedacht. Obwohl inzwischen mehreren betroffenen Männern nachträglich die Pflegeerlaubnis entzogen und das Kind abgenommen wurde, ist das Gutachten bislang weder veröffentlicht noch wenigstens dessen Existenz bekanntgegeben worden.

Auf Nachfrage sagte gestern der Sprecher der Senatorin, Legner, daß sich durch die Sommerpause die Lektüre des Gutachtens verzögert habe. Die Senatorin sei im Besitz des Gutachtens und werde es lesen, habe aber noch nicht entschieden, ob es überhaupt veröffentlicht werden soll. Schließlich handele es sich nur um eine „Entscheidungshilfe“, die keine politischen Konsequenzen nach sich ziehen brauche.

Nach taz-Informationen wurde das Gutachten aber auch nicht bekanntgegeben, weil sich die Senatorin etwas anderes davon erhofft hatte. Der beauftragte Psychologe, der die Einleitung mit dem Titel „Mein persönliches Engagement“ beginnt, habe dem Gutachten durch eine subjektive Herangehensweise die Seriosität genommen. Obwohl der „subjektive“ Bezug des Autors bekannt ist, hätte sich die Senatorin ein „neutraleres“ Gutachten gewünscht, daß stärker Zweifel berücksichtige und somit auch von Gegnern schwuler Pflegeväter ernstgenommen werde. Inhaltlich habe die Verwaltung nichts einzuwenden. Schwule Eltern seien nicht schlechter und nicht besser geeignet, Kinder zu erziehen, als heterosexuelle. Das ist auch das Ergebnis des Gutachtens. Kindern unter 12 Jahren sei die Sexualität ihrer Eltern gleichgültig. Kinder, deren homosexuelle Elternteile offen zu ihrer sexuellen Orientierung stehen, machten sich nichts aus üblem Gerede.

Die Folgen der Erziehung durch homosexuelle Eltern seien auf Dauer „eher positiv“. Kentler stellt fest, daß Jugendliche, die bei homosexuellen Elternteilen aufwachsen und zu dieser Problematik befragt werden, meist antworten: „Ich habe früh gelernt, Vorurteile zu erkennen und zu überwinden (...); ich wähle meine Freunde nicht nach ihrem äußeren Erscheinungsbild aus, sondern ich achte auf ihre Intelligenz und Urteilsfähigkeit, und darum habe ich meist sehr stabile Freundschaften.“

E.K.

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