: Keine Zuhörer für Südafrika-Propaganda
Professor Pfeifenberger, „Frontkämpfer für Südafrika“ an der Fachhochschule Münster, wird seit fünf Semestern von den StudentInnen boykottiert Seine Lehrveranstaltungenfallen aus, ohne daß sich das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium oder die Fachhochschule dazu äußert ■ Aus Münster Wieland Giebel
„Wenn eine Minderheitsregierung nicht über die Interessen der Mehrheit entscheiden dürfte, wieviele Regierungen auf dieser Welt wären illegal?“ So rechtfertigt Prof.Dr.Werner Pfeifenberger, Dozent für Politologie an der Fachhochschule Münster, das Regime in Südafrika. Seit fünf Semestern wird er von den StudentInnen boykottiert, ein wohl einmaliger Fall in der Bundesrepublik. Bisher halfen ältere Semester und einige Dozenten ihren KommilitonInnen, sich auf die Prüfungen bei Pfeifenberger in Alternativ-Veranstaltungen vorzubereiten. Nun aber wird sich der Konflikt zuspitzen. „Im kommenden Semester läßt sich einer seiner Kollegen für ein Forschungssemester beurlauben. Deswegen wird Pfeifenberger mehrere Wahlpflichtfächer anbieten, die nicht von studentischen Ersatzveranstaltungen abgedeckt werden können“, beschreibt die AStA-Referentin Petra Hoffmann das Problem. Das ist Anlaß für den AStA, erneut die Entlassung des Dozenten zu fordern. Unterstützung erhalten die Studenten von der GEW, der GAL Münster und der Anti -Apartheidsbewegung. Seit zwei Jahren wartet der Asta bereits auf eine Antwort aus dem Wissenschaftsministerium. Inzwischen fordert der SPD-Unterbezirk Münster eine Überprüfung, „ob die von Pfeifenberger verbreiteten Inhalte mit den Pflichten eines Hochschullehrers in Einklang zu bringen sind.“
Pfeifenberger bezeichnete sich selbst in einer TV-Talkshow in Österreich als „Frontkämpfer für Südafrika“. Von der südafrikanischen Botschaft wird das Mitglied der „Deutsch -Südafrikanischen Gesellschaft e.V.“ gerne als Referent eingesetzt. Er hält diejenigen für „Opfer dummer Fernsehpropaganda“, die glauben, in Südafrika herrsche Bürgerkrieg. Das Land befinde sich im Wandel vom „alten Apartheidsstaat zum modernen Industriestaat“. Wahlreformen könnten so aussehen, „daß in bestimmten Bereichen, wo es sachlich gerechtfertigt ist, verschiedene Gewichtungen vorgenommen werden, so wie im Weltwirtschaftsfond auch je nach wirtschaftlicher Leistung politischer Einfluß gegeben wird“.
Die Auseinandersetzung geht auf das Jahr 1972 zurück, als Pfeifenberger noch an der Uni Münster neben Politologie Afrikaans unterrichtete, die Sprache der südafrikanischen Buren. Später wechselte er an die Fachhochschule. Für die Bibliothek der FHS bestellte er Bücher wie „Wollte Adolf Hitler den Krieg 1939?“ und „Warum nicht Sieg?“. Nach Protesten wurden 26 der rund 50 Bücher sekretiert. Pfeifenberger: „Ein Versehen.“ Die meisten der Bücher waren „versehentlich“ nur aus Katalogen neo-nazistischer Verlage zu beziehen.
Solch kleinlichen Ärger hatte Pfeifenberger nicht als Gast an der Universität Stellenbosch. Diese Stadt liegt in Südafrika, Kanzler der Universität ist Regierungschef Botha. In der Zeit von 1983 bis 1985 avancierte Pfeifenberger dort zum Leiter der Abteilung Politikwissenschaften. Daß die Berufung an eine südafrikanische Universität den UNO -Beschlüssen zuwiderläuft, die wissenschaftliche und technische Kooperation mit dem Apartheidsstaat zu boykottieren, störte weder das Wissenschaftsministerium in Düsseldorf als Dienstherren noch den Rektor der Fachhochschule, Prof. Dr. Peter Schulte.
Schulte verweist auf die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit. Er beschwerte sich darüber, daß gerade diejenigen, die sich normalerweise über Berufsverbote ereiferten, dies ausgerechnet beim politischen Gegner forderten. Der Dekan des Fachbereichs, Prof.Grohan, weigerte sich ebenfalls, Stellung zu beziehen und betont, „die Freiheit von Forschung und Lehre muß respektiert werden“. Prof.Pfeifenberger selbst ist dienstlich nicht erreichbar, steht nicht im Telefonbuch und reagiert nicht auf schriftliche Anfragen. „Sie hoffen, daß die Studenten jetzt gezwungenermaßen in die Veranstaltungen gehen. Denn sie sehen nicht gut aus, wenn sie ein Professorengehalt über zwei Jahre für nichts bezahlen“, glaubt AStA-Referentin Petra Hoffmann. Die StudentInnen wissen bereits eine Lösung des Problems: Sie fordern die Besetzung der Stelle durch eine Vertreterin des ANC.
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