: Hör-Funken: "Ein Geschäft mit Träumen" / "Moritaten mit Roger Siffer" / "Von der Fron zur Freizeit"
Traumrestverwertung. („Ein Geschäft mit Träumen“, NDR 1, 2100 - 2200) Den Traum und seine Beziehung zum Büroschluß deckt Ingeborg Bachmanns Nachlaßerzählung auf, die berichtet, wie der dienstbeflissene und mit Ärmelschonern durchs Leben gleitende Büroangestellte Laurenz nach Dienstende in einen Laden verschlagen wird, in dem es Träume zu kaufen gibt. Und zwar diejenigen Träume, die er nie zu realisieren wagte. Die Frage ist nur, ob der Büromensch Laurenz im Traumramsch die eigenen Ausgeburten des unbeflissenen und gar abenteuerlichen Lebens wieder ankaufen wird. Bekanntlich ist nichts so schrecklich wie die Verwirklichung von Träumen, die vergessen wurden.
Zum Ausheulen. („Moritaten mit Roger Siffer“, WDR 2, 2105 2230) „La Choucrouterie“ in Strasbourg ist eine Kleinkunstbühne, die zu deutsch „Sauerkrautfabrik“ heißt. Passend zum Namen stellte der Sauerkrautfabrikchef Roger Siffer ein Programm elsässischer, französischer und deutscher Moritaten zusammen, bei dem es sich einmal richtig ausheulen läßt, da der WDR ein „tränenreiches Programm“ verspricht. Wenn das angeheiterte postmoderne Leben schon nicht sehr zum Lachen ist, dann lassen sich hier wenigstens die Tränensäcke einmal gründlich leeren.
Neues aus dem Arbeitsamt. („Von der Fron zur Freizeit“, Bayern 2, 2005 - 2300) Arbeit für die Ohren gibt es heute abend in dem dreiteiligen Programm aus dem Geist der Bundesanstalt für Arbeitslosigkeit. Die Geschichte der menschlichen Arbeit, die ein hartes, wenn auch heutzutage immer karger werdendes Brot ist, wird zuerst zwischen 20.05 und 21 Uhr durchstreift, inklusive der heiklen Frage, was von der menschlichen Existenz noch übrigbleibt, wenn ihr seit biblischen Zeiten eherner Grundpfeiler „Arbeit“ Weitgehend verschwunden sein wird. Anschließend machen Hofnarren des Lebens wie Kabarettisten, Schriftsteller und Liedermacher bis 21.45 Uhr launige Bemerkungen zur lebensversüßenden Arbeit. Nach der gesetzlich vorgeschriebenen Kultur- und Nachrichtenpause greifen sich um 22.06 Uhr Sachkenner nach Worten, um das anstrengende Thema noch einmal zweifellos ernsthaft zu vertiefen. Punkt 23 Uhr ist dann Feierabend für die Ohren, und Publikum wie Expertenvolk können sich vom Arbeitsabend erholen.
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