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Schwarz auf Schwarz

■ Tiefdunkles, vorsichtig aufgelesen und als kunstvolles Fragezeichen an die Galerie-Wand der Gruppe Grün gehängt

Dunkles läßt die Karte vermuten, die die Ausstellung von Bernt Haffke in der Galerie Gruppe Grün als „Schwarz auf Schwarz“ ankündigt. Spekulationen über in geheimnisvolle Finsternis getauchte Galerieräume klaren allerdings schnell auf. Selten präsentierte sich eine Ausstellung so hell und transparent, was eindeutig am Schwarz-Weiß-Kontrast liegt, dem Geheimnisvollen im übrigen aber keinen Abbruch tut: schwarze Objekte vor kühlweißen Wänden, Kreisformen und Dreiecke aus Glas und Stein, Teer und Bitumen, die wirken, als seien sie abgebrochen und herausgeschleudert aus einem tiefdunklen Kosmos.

Bert Haffke hat sie behutsam aufgelesen, begradigt, ihre Form betont, um sie als Fragezeichen an die Wand montieren zu können. Er fragt nach dem Woher und Wohin der Dinge, der direkten Form einerseits und der existenziellen Grübelei andererseits, für die ihre geometrische Strenge stellvertretend steht.

Verfolgt man die abgebrochenen Linien der Kreise, Kugeln und Kreuze in Gedanken weiter, so schließen sie sich immer zu einem festen sicheren Raum zusammen: der „Dreifuß“, die Linien eines gleichschenkeligen gewölbten Dreiecks, würden dann zur Kugel, der dreifach unterbrochene, in sich verschobene Kreis würde zum Ring, der die weiße Fläche in sich schützt.

Doch die Vorstellung der Geschlossenheit, der Einheit, ist nur ein Traum - Haffkes Plastiken sprechen von der Labilität des Gesamtgefüges, das nur zu schnell in seine Einzelteile zerfällt. Sowohl der „Dreifuß“ als auch der „Le

bensdurchmesser“ betonen das Linear-Stabile und Unberührbare und schweben doch gleichzeitig verloren im Raum, weil abgerissen von ihrem Zusammenhang. Den Kreis des „Lebensdurchmessers“ durchmißt eine dünne Stahlstange, die im Nichts entsteht und nirgendwo endet. Es gab eine zweite Stange, die dem Mittelpunkt hätte Festigkeit verleihen können, doch ihre Enden sind nur noch als Reste erkennbar. Ausgerechnet in der massivsten Arbeit, einer Bodenplastik aus Beton, wird diese Doppelheit einer zerbrechlichen Stärke besonders sicht-und fühlbar. Die schwere runde Platte ist wieder in drei Teile zerschnitten, eingelassene Stahlstreben verbinden sie nur auf den ersten Blick. Tatsächlich sind auch sie unterbrochen, eine zentrale Kraft wird vorstellbar, die auch diese schweren Teile auseinandertreibt.

Bert Haffke verbindet auf gelungene Weise das Plastische mit dem Malerischen, die schwarzen Oberflächen sind verkrustet und fein genarbt, an den zerfransten Rändern wird Rot aufgedeckt.

Eine der schönsten malerischen Plastiken ist eine geschlossene Dreiecksform, einem Schild ähnlich oder einer geneigten Maske. Drei Kreise schneiden sich in ihr, doch sie ergeben ein Ganzes, das seinen Kern nicht außerhalb vermißt, sondern tief in sich birgt. Ein sattschimmerndes dunkles Rot bindet alle übrigen offenen Formen in sich ein, deren Labilität und Verlorenheit hier zur Ruhe kommen.

Beate Naß

Galerie Gruppe Grün, Fedelhören, bis 30.September, Mi - Fr 15 - 18 Uhr.

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