: Feminismus-betr.: "Den öden Alltag beim Namen nennen", taz vom 19.9.88
Betr.: „Den öden Alltag beim Namen nennen“,
taz vom 19.9.88, S. 10
Oh ja, das weibliche Schreiben! Schon in der zweiten Zeitungsspalte ist eine Vernebelung des feministischen Bewußtseins zu diagnostizieren. Da „frau“ ab und an etwas holprig klingt, sind Frauen in den letzten 20 Jahren auf die Idee gekommen, öfter mal „ich“ oder „wir“ zu sagen. Famos, famos! Sollte Ihnen diese entgangen sein, Frau Neef-Uthoff angesichts des Meeres deprimierend dilettantischer weiblicher Literaturversuche? Aber wir wissen ja, wer/was gemeint ist, auch wenn Sie dauernd „man“ schreiben, das sollten wir nicht so verbissen sehen.
Übrigens, soo verkehrt ist es ja gar nicht! Man denkt weiblich, heutzutage, das kann frau guten Gewissens hinschreiben. Es wimmelt doch nur so von männlichen Feministen. Der Zeitgeist, ja'ja. Da kommt man als Frau total ins Schleudern. Wer und warum und sind wir denn nicht alle Br..., nein Schw.., oder Menschen? Ach, das wird einem denn nun doch zu schwierig, wenn man als Frau darüber länger nachdenkt. Nur noch der Humor kann uns retten. Überhaupt diese Humorlosigkeit bei den Frauen, finden Sie nicht auch, Frau Neef-Uthoff? Die haben Sie vergessen zu erwähnen.
Evamaria Schmidt, Berlin
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