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Stillschweigen vereinbart

■ Rebmann zum Rapport bei Weizsäcker / Amtliche Befürchtungen, daß das Attentat auf Tietmeyer Begnadigung verhindert / Weizsäcker bekommt Schützenhilfe von Kohl und Geißler

Berlin (taz/dpa) - Ein lautes „no comment“ hing über dem Bundespräsidialamt nach dem Gespräch zwischen Weizsäcker und Generalbundesanwalt Rebmann. Die gespannte Öffentlichkeit mußte sich mit der dürftigen Information über Dauer (zwei Stunden) und Gesprächsteilnehmer (neben den Genannten Justizminister Engelhardt einige höhere Beamten) zufriedengeben. Dem eisernen Schweigen aller Beteiligten entspricht das gesteigerte Interesse: Am Verlauf dieses Gesprächs wird sich das weitere politische Schicksal von Rebmann ablesen lassen. Er hatte in zwei Briefen, die der Presse zugespielt worden waren, in grober Kritik Weizsäckers Absicht einer Begnadigung der Ex-RAFler Speitel und Boock zu konterkarieren versucht. Das Präsdialamt ließ am Dienstag verlauten, man sei verärgert. Rebmann sei zum „Bericht“ in die Villa Hammerschmidt bestellt.

Neben dem Motiv, die Begnadigung von Angelika Speitel und Peter-Jürgen Boock nicht durch einen offenen Konflikt zwischen dem Bundespräsidenten und dem Generalbundesanwalt zu erschweren, gibt es mit dem Attentat auf Tietmeyer noch einen weiteren aktuellen Grund für das Präsidialamt, jetzt auf Stillschweigen zu setzen. Offensichtlich hofft man darauf, das Begnadigungsverfahren gegen eine Neuauflage der RAF-Hysterie abschirmen zu können. Darauf ist auch die Äußerung von Bundeskanzler Kohl bezogen, der gestern im ARD -Fernsehen wünschte, daß die Diskussion um die Gnadengesuche „so schnell wie möglich aufhört“, und betonte, das „Gnadenrecht als Ertrag der abendländischen Kultur“ sei „ein sehr personales Recht.“ Hilfe erhielt Weizsäcker von CDU -Generalsekretär Geißler. Er erklärte, daß er „sich schämen“ müsse, wenn CDU-Abgeordnete die Wiederwahl Weizsäckers im Zusammenhang mit der Begnadigung bezweifelten.

kh

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