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„Wir brauchen Professionalität“

Wieviel Computer braucht die Natur? Helmut Röscheisen über das Frühwarnsystem und ökologischen Imperialismus  ■ I N T E R V I E W

Helmut Röscheisen, Geschäftsführer des Deutschen Naturschutzrings (DNR), hat die Idee für den Aufbau eines weltweiten Kommunikations und Kontrollnetzes aufgegriffen. Auf dem Öko-Kongreß stellte er das Projekt erstmals einem größeren Publikum aus der Dritten Welt vor.

taz: Was soll die Aufgabe des neuen Netzwerks sein?

Helmut Röscheisen: Wir müssen möglichst in allen Ländern Leute haben, die sich ganz genau darum kümmern, wer welche Umweltschweinereien macht - und möglichst früh Alarm schlagen. Bisher kommen solche Informationen mehr zufällig hierher, und wir können oft erst im letzten Moment gegen Projekte wie den großen Hotelbau an der türkischen Schildkrötenbucht oder das Abholzen der letzten Regenwälder von Uganda protestieren. Es soll ein Notwehrsystem aufgebaut werden, um das Schlimmste zu verhindern, in der Hoffnung, daß man dann vielleicht auch gemeinsame Kampagnen organisieren kann.

Wie soll die Finanzierung aussehen?

Das ist wirklich ein Problem. Wie wir den Austausch machen können, ist noch nicht klar. Wir wollen erstmal ganz locker anfangen mit Briefen oder Telex. Ein Computer-Netzwerk kann man nicht von heute auf morgen aufbauen. Das setzt aber voraus, daß wir einen Geldtopf kriegen, damit Länder, die selbst keinen Anschluß bezahlen können, sich so etwas zulegen können. Wir haben ja Stiftungen, die sich mit Internationalismus befassen, wie die Grüne Stiftung oder die Böll-Stiftung - eine ideale Aufgabe, so etwas zu finanzieren.

Wie ist die Resonanz auf den Vorschlag?

Ein Rieseninteresse bei den Dritte-Welt-Ländern und auch bei Japan, weniger Interesse bei den Amerikanern. Das ist symptomatisch, unsere Kollegen von den amerikanischen NGOs (Nichtregierungsorganisationen) machen eher Lobby-Arbeit, während wir eine Gegenöffentlichkeit aufbauen wollen.

Diesmal bekommen die Länder der Dritten Welt also Entwicklungshilfe von unabhängigen Organisationen aus den Industrieländern - aber die Struktur, ein übergestülptes Konzept, bleibt doch die alte.

Ökologischer Imperialismus, den Vorwurf kenne ich. Deswegen war für mich auch die Reaktion der Leute aus der Dritten Welt wichtig, das muß ja ein gemeinsames Ding werden. Aber daß der Anstoß von uns kam, hat auch ein bißchen mit dem Verursacherprinzip zu tun, daß die Umweltschweinereien nämlich auch von uns ausgehen. Wir wollen ja niemandem etwas überstülpen. Das Netzwerk funktioniert nur, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Viele Dritte Welt NGOs haben gar nicht die Kapazitäten, sich groß darum zu kümmern.

In der Dritten Welt, zumal bei regierungsunabhängigen Organisationen, ist die Ausstattung mit Computern noch am Anfang. Das schafft doch von vornherein Abhängigkeiten.

Bei Computern sind uns die Amerikaner auch haushoch überlegen, von daher ist das alles relativ. Um so ein Computer-Netzwerk aufzubauen gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder Du suchst nach Geld bei den NGOs oder du findest einen Sponsor, der das macht. Wenn der Sponsor IBM heißt, wäre ich eher dafür, daß wir die Kosten übernehmen.

Bei dem Netzwerk würden die Informationen wieder in Europa zusammenlaufen...

Nein, da kann jeder rein, der teilnehmen will. Das läuft jetzt schon bei bei dem englischen „Green Net“ so.

Ist der Umgang mit Computern nicht ein Privileg von wenigen gut ausgebildeten Leuten?

Ganz bewußt möchten wir mit den direkt Betroffenen in Kontakt stehen. Aber wenn man ein Gegengewicht gegen Multis, Konzerne und Banken schaffen will, braucht man eine hohe Professionalität. Oder willst du warten, bis der letzte Gummizapfer sich selbst gegen das Absterben des Urwalds wehrt? Aber das Problem sehe ich schon.

Interview: claq

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