: Mit Dollars gegen das Waldsterben
■ Die Umwandlung von Schulden in Umweltschutzprojekte bleibt umstritten
Berlin (taz) - Debt for Nature Swaps - Umwandlungvon Schulden in Geld für Umweltschutz - waren auch ein Thema des Öko-Kongresses. Das Verfahren, das inzwischen in drei lateinamerikanischen Ländern und auf den Philippinen erprobt wird, läuft folgendermaßen ab: Eine Umweltorganisation aus einer Industrienation kauft dabei Schuldentitel eines Landes der Dritten Welt - zu einem Preis, der gewöhnlich weit unter dem Nennwert der Schulden liegt. Die neuen Besitzer verzichten dann auf Zinsen und Tilgung der Schulden. Im Gegenzug verpflichtet sich die Regierung des Drittweltlandes, ein Naturschutzgebiet zu erhalten oder aufzubauen, das dem Wert des Schuldentitels entspricht.
Seit der World Wildlife Fund (WWF) in Bolivien mit einem Debt for Nature Swap experimentiert, wird das Thema vor allem bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Lateinamerika diskutiert. Umstritten ist bei dieser Form der Schuldenumwandlung vor allem die Frage der nationalen Souveränität („Warum sollten US-amerikanische Umweltschützer über unseren Regenwald bestimmen?“. Groß ist auch das Mißtrauen gegenüber den nationalen Regierungen, alle befragten NGOs lehnten eine Regierungsbeteiligung ab. Im Gegensatz zu den bislang erprobten Varianten mit menschenleeren Naturparks, würden die lateinamerikanischen NGOs die umgewandelten Schulden auch für landwirtschaftlich genutzte Flächen verwenden. Der Meinungsprozeß ist jedoch noch längst nicht abgeschlossen. Eine venezolanische Teilnehmerin des Öko-Kongresses, Glenda Medina von der Fundacion de la Naturaleza (FUDEMA): „Dieser Swap ist nicht in jedem Land praktikabel. Während die bolivianische Verschuldung offensichtlich als verloren gilt - die Schuldentitel werden zu fünf Prozent des Nennwerts verramscht - kosten die venzolanischen Schulden immer noch viel Geld - von der FUDEMA wurden 85 Prozent des Nennwerts verlangt.“ Der Grund: Trotz seiner hohen Verschuldung gilt das erdölreiche Venezuela noch immer als zahlungskräftig.
Im Unterschied zu Bolivien wäre die venzolanische Umweltschutzgruppe nicht bereit, die Einmischung ausländischer Ökologen hinzunehmen. „In jedem Fall müßte der Besitz an eine nationale NGO übergehen“, betont Glenda Medina.
Die peruanische Stiftung Fundacion Peruana para la Conservacion de la Naturaleza ist bei ihren Bemühungen um ein Swap bislang an der Regierung des Sozialdemokraten Alan Garcia gescheitert. Seit einem Jahr bemühen sich 15 bis 20 Organisationen - Kirchengruppen, Umweltschützer, Universitäten - um umgewandelte Schuldentitel. Sie wollen unter anderem landwirtschaftliche Flächen im Terassenbau wiederherstellen und aufforsten. Aber ein Gesetz, das die Umwandlung von Außenschulden legalisiert, gibt es immer noch nicht. Alejandro Camino von der Fundacion: „Die Regierung lehnt das unter anderem deshalb ab, weil ihre eigenen Beamten mit Schuldentiteln, die sie in New York erwerben, ihre persönlichen oder politischen Geschäfte machen.“
Eine Lösung des Schuldenproblems seien die Debt for Nature Swaps nicht, meint Alejandro Camino. Doch sei die Verschuldung „halt eine Realität“, und auf diese Art könne man immerhin eine „an sich negative Sache noch zum Guten wenden.“
claq
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