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Erbenheim-betr.: "Demutsgesten gegenüber der US-Army", taz vom 19.9.88

Betr.: „Demutsgesten gegenüber der US-Army“,

taz vom 19.9.88, S.3

Ich verfolge nun schon seit ein paar Wochen die Berichterstattung zu Wiesbaden-Erbenheim'und immer wieder fällt mir auf, daß K.P.Klingelschmitt es mit der sachlichen Richtigkeit/Genauigkeit nicht allzu ernst nimmt bzw. Dinge so beschreibt, daß sie einfach falsch werden müssen. (...) 1.Kasten „Apache“: In Vietnam haben die USA begonnen, Hubschrauber als bewaffnetes Kampfmittel einzusetzen. Vorher gab es den Hubschrauber selbstverständlich in der US-Armee bereits als Transportmittel und Verbindungsfluggerät. Seither werden Kampfhubschrauberflotten aufgebaut. 2.Kampfhubschrauber sind nicht im Gegensatz zu Düsenflugzeugen für den Einsatz gegen gegnerische Frontkräfte geeignet. Die USA haben gar ein eigenes Spezialflugzeug für diesen Zweck - die A10 Thunderbolt. Der Kampfhubschrauber hat aber den Vorteil, langsamer zu sein, deshalb gezielter z.B. Panzer bekämpfen zu können. Das Kampfflugzeug verlor erst im Verlauf der achtziger Jahre Teile seiner Einsatzflexibilität, weil zunehmend bessere Luftabwehrwaffen zum Einsatz kommen. Kampfhubschrauber als AH-64 unterscheiden sich von Panzerabwehrhubschraubern gerade dadurch, daß sie - da gepanzert - auch gegen Ziele hinter den gegnerischen Linien gut einsetzbar sind, während die von K.P.Klingelschmitt geschilderten Einsatzaufgaben eher typisch für den PAH sind. 3.AirLand Battle ist ein US -Heeres-Konzept, keines der Nato. Dort soll es durch die USA durchgesetzt werden, wenn auch scheibchenweise und unter anderen Namen. 4.Der AH-64 hat keine „computergesteuerten Laserkanonen“, sondern ganz normale Präzisionsraketen, deren Zielzuweisung und Lenkung entlang eines Laserstrahls geschieht. Zwar auch ganz wirksames Teufelsgerät, nicht aber bei Star Wars aus den Requisiten geklaut. 5.Der Air-Base -Poker: K.P.Klingelschmitt wirft permanent die Befehlsstrukturen und Zuständigkeiten von US-Luftwaffe und US-Herr (Army) durcheinander: Das V.Corps ist ein Heeresgroßverband, und schon deshalb kann die Rhein-Main -Airbase ihm nicht unterstellt sein, die gehört zur US-Air -Force Europe und beheimatet u.a. auch Teile des US Military Airlift Command. 6.Wiesbaden ist dagegen eine US-Army Air -Base und damit dem Heer unterstellt, sprich dem V.Corps. Deswegen sind dort Heeresflieger und nur ein paar Luftwaffengäste, die sicherstellen sollen, daß die AirForce im Spannungsfall sofort Einheiten dorthin verlegen kann. Deshalb muß man auch unterscheiden, wer zu den beiden Flugplätzen gerade was sagt. 7.Welche Bomber stehen denn in den Hangars in Frankfurt? - Selbst mit der Lupe dürfte kein dort stationierter Bomber zu finden sein - höchstens mal ein Gast. Das geht schon aus den Namen der dort stationierten Verbände hervor. Dabei handelt es sich nämlich samt und sonders um Transportflugzeug-Verbände und Tanker. 8.Klingelschmitt schafft es auch noch, C-5-Galaxy fest in Frankfurt zu stationieren - leider bringen die aber nur Fracht aus den USA und fliegen dann zur Heimat-Airbase zurück. Deshalb ist die Hauptaufgabe der nicht stationierten Flugzeuge auch nicht, die RDF zu transportieren, obwohl Frankfurt in einem solchen Fall sicher sowohl die Infrastruktur hätte als auch benutzt werden würde. 9.Nicht vorhandene Galaxys kann man nicht nach Ramstein verlegen wollen, und selbst wenn man es täte, so stünde dies nicht im Widerspruch zu AirLand Battle, weil diese Doktrin die des Heeres ist. Die Luftwaffe hat eine eigene - niedergelegt im AirForce Manual 1-1. 10.Auch wenn Klingelschmitt die Hubschrauber spekulativ nach Ramstein verlegt, so ist das purer Unsinn: Ramstein ist eine Airbase der US-Luftwaffe, nicht des Heeres, zu dem aber gehören die AH-64 etc. in Wiesbaden. Klingelschmitt müßte die Air-Force erst einmal becircen, der Army die Nutzung von Ramstein zu erlauben, was sie aufgrund ihrer Verbände dort und der Bedeutung von Ramstein für den transatlantischen Luftverkehr sicher kaum tun wird. (...)

Ich könnte weiter und weiter solche Fehler aufzeigen. (...) Also bitte, nicht wieder solchen Unfug und etwas mehr Zeit für die Recherche vor dem Schreiben. (...) Hänge doch noch mal ein paar Stunden dran und lies als Einführung in die Problematik die Wiesbaden-Studie des Starnberger Friedensforschers Schmidt-Eenboom und dessen Buch Der militarisierte Frieden (Beides bei ibf-Buchverlag, Uhdestr.2, 8130 Starnberg), dann passieren solche Fehler vielleicht nicht mehr. Vielleicht aber nützt mehr Genauigkeit und Informationszuverlässigkeit der Auflage der taz.

Ottfried, Hamburg

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