piwik no script img

Keine Ermittlungen gegen SS-Mann

Aus USA ausgewiesener ehemaliger SS-Angehöriger wurde bisher von keinem Zeugen des Mordes bezichtigt  ■  Von Max Thomas Mehr

Berlin (taz) - Gegen den SS-Obersturmbannführer Conrad Schellong, den die US-Regierung bereits am Donnerstag vergangener Woche in die Bundesrepublik abgeschoben hat, wird es hier vermutlich kein Ermittlungsverfahren mehr geben. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand der zentralen Staatsanwanwaltschaft für die Verfolgung von Naziverbrechen in Ludwigsburg bei Stuttgart existieren auch keine Ermittlungsverfahren gegen den 78jährigen Mann. Conrad Schellong sei, so die Begründung der US-Behörden, aus den USA ausgewiesen worden, weil er bei seiner Einwanderung 1957 seine SS-Mitgliedschaft genauso wie seine Tätigkeit in den Konzentrationslagern Dachau und Sachsenburg verschwiegen hatte.

Schellong, gebürtig aus Dresden, war 1962 in den USA eingebürgert worden und lebte in Chicago. Im Jahre 1982 war ihm bereits die US-amerikanische Staatsbürgerschaft aberkannt worden, weil er bei der Einreise seinen Dienst in Konzentrationslagern abgeleugnet oder verschwiegen habe.

Nach dem US-Ermittlungsstand war Schellong von 1934 bis 1940 in den Konzentrationslagern Dachau und Sachsenburg. In Dachau soll er als SS-Hauptsturmführer die Ausbildung und Überwachung von Wachmannschaften geleitet haben. Zwischen 1943 und 1945 sei er Kommandeur einer SS -Freiwilligensturmbrigade gewesen.

Da in der Bundesrepublik nur noch wegen konkret nachweisbarem Mord gegen NS-Täter ermittelt wird, hat Schellong solange nichts zu befürchten, wie keine Zeugen ihn konkreter Mordtaten bezichtigen.

Zwar sei der SS-Obersturmbannführer mit Sicherheit als Wachmannschaften-Ausbilder im Konzentrationslager an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen, für Ermittlungen jedoch reicht das nicht mehr aus.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen