piwik no script img

Zehn Jahre Botha, ein mörderisches Jubiläum

Der Versuch des Rassistenchefs, durch sogenannte Reformen die Vorherrschaft der Weißen festzuschreiben, ist gescheitert / Stattdessen wird die Repression hochgeschraubt / Botha muß herbe Loyalitätsverluste verzeichnen / Spekulationen über Nachfolger nehmen zu  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

„Dies ist ein Job, um den sich niemand bewerben sollte,“ sagte Pieter Willem Botha 1978, kurz bevor er zum Regierungschef Südafrikas gewählt wurde. Leider hat er seinen eigenen Rat nicht befolgt. Stattdessen feiert er heute sein zehnjähriges Jubiläum als Apartheid-Chef.

Es war das Jahrzehnt der „Reformen“ der Apartheid: Bothas Versuch, durch die Kooptierung von Schwarzen die Vorherrschaft der Weißen festzuschreiben. Der Versuch ist gescheitert. Das Drei-Kammer-Parlament, Bothas Lieblingskind, ist so gut wie funktionsunfähig. Und die für Ende Oktober angesetzten Kommunalwahlen, die die Unterstützung der schwarzen Bevölkerung für die „Reformen“ demonstrieren sollen, geraten zunehmend zum Fiasko. verschärfte Repressionen sorgen für „Ruhe“ im Land.

Aber Botha kümmert das wenig. Er ist von der Realität weitgehend isoliert. In den zehn Jahren hat er seine Macht so weit ausgebaut, daß er sich weder um die Kritik des Parlaments, noch um die Meinungen seines Kabinetts scheren muß. Nur die Generäle, mit denen er sich besonders gut versteht, haben Einfluß auf ihn. Ansonsten regiert Botha selbstherrlich alleine.

Mit Energie machte Botha sich gleich nach seinem Amtsantritt daran, die Regierung nach seinen Wünschen umzubauen. In seiner vorangegangenen 14jährigen Amtszeit als Verteidigungsminister hatte er enge Freundschaften mit den Generälen geknüpft. Nun wurde der Staaatssicherheitsrat, bisher eines von 22 Kabinettskomitees, zum zentralen Beratergremium des Premierministers. Politik wurde zunehmend in militärischer Sprache formuliert. Südafrika müsse sich gegen einen „totalen Angriff“ aus aller Welt verteidigen, erklärte Botha. Zur Bekämpfung wurde die „totale Strategie“ entwickelt.

„Reform“ der Apartheid und Repression des Widerstands sind die wichtigsten Aspekte dieser Strategie. Ein neues Parlament mit drei Kammern, jeweils eine für Weiße, Mischlinge und Inder, wurde eingerichtet. Gleichzeitig machte sich Botha 1984 zum exekutiven Staatspräsidenten, kombinierte also die Ämter des Regierungs- und Staatschefs. Selbstverständlich können die Weißen im Parlament ihren Willen auch gegen die Wünsche der Mischlinge und Inder durchsetzen.

Proteste der schwarzen Bevölkerung gegen die Reformen werden rücksichtslos unterdrückt. Die eigens zur Bekämpfung dieser Repressions-Politik 1983 gegründete „Vereinigte Demokratische Front“ (UDF) ist inzwischen fast vollkommen zerstört. Seit mehr als zwei Jahren gilt in Südafrika der Ausnahmezustand. Der Staatssicherheitsrat kontrolliert inzwischen ein landesweites, geheimes Netz paralleler Verwaltungsstrukturen.

Das sogenannte „Nationale Sicherheitsverwaltungssystem“ besteht aus einzelnen Komitees in jedem schwarzen Wohngebiet, in dem Polizei, Militär, Zivilverwaltung und Geschäftsleute vertreten sind. Als Frühwarnsystem versuchen sie, Unzufriedenheit im Keim zu ersticken.

Dennoch wackelt Bothas Stuhl. Dem „Reformprogramm“ ist der Dampf ausgegangen. Stattdessen greifen die Repressionen um sich. Die Buren, mit deren Unterstützung Botha immer rechnen konnte, sind gespalten. Südafrikas Wirtschaft ist zerstört. International ist das Land weitgehend isoliert. Die Spekulationen über einen Nachfolger für Botha häufen sich. Als aussichtsreichster Kandidat für dieses Amt gilt derzeit Verteidigungsminister General Magnus Malan.

So viel Loyalitätsverlust er auch zu verzeichnen hat, ein schlechtes Gewissen hat Botha auf jeden Fall nicht. „Wenn du abends ins Bett gehst, kannst du keinen Haß in deinem Herzen haben, sonst schläfst du nicht gut,“ teilte er der Öffentlichkeit vor einigen Jahren mit. „Und ich schlafe gut. Fragen Sie meine Frau.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen